Fall Schottdorf:Der Zeuge rudert zurück

  • Der Polizist Stephan Sattler hat im Untersuchungsausschuss zur Schottdorf-Laboraffäre seine Vorwürfe gegen die bayerische Justiz relativiert.
  • Er sagte aus, dass die Politik Einfluss auf die Ermittlungen im Fall Schottdorf genommen habe.
  • Sattler war beim LKA Leiter der Sonderkommission Labor. Diese ging Betrugsvorwürfen gegen den Augsburger Laborunternehmer Bernd Schottdorf und Tausender Ärzte nach.

Der Polizist Stephan Sattler hat mit akribischer Arbeit und auch durch ein gewisses Maß an Sturheit trotz erheblicher Widerstände erreicht, dass einige Ärzte wegen Abrechnungsbetrugs verurteilt wurden. Damit hat er auch bewerkstelligt, dass dem Sozialstaat unnötige Ausgaben erspart blieben. Dankbarkeit dafür hat der 52-Jährige während seines zweitägigen Auftritts im Untersuchungsausschuss Labor allerdings kaum erfahren. Im Gegenteil. Er musste sich von Seiten der CSU und auch vom SPD-Abgeordneten Franz Schindler kritische Fragen und Attacken gefallen lassen. Sie nahmen den Kriminalhauptkommissar vom Landeskriminalamt zeitweise in eine Art Kreuzverhör. Ganz so, als wäre er ein Angeklagter.

Dabei relativierte Sattler am zweiten Tag einige seiner brisanten Vorwürfe, wonach die Politik Einfluss auf Entscheidungen der Justiz genommen habe. Sattler war beim LKA Leiter der Sonderkommission Labor. Diese ging Betrugsvorwürfen gegen den Augsburger Laborunternehmer Bernd Schottdorf und Tausender Ärzte nach. Im Jahr 2010 hatte Sattler mit einer brisanten Zeugenaussage vor dem Landgericht München I erhebliches Aufsehen erregt: Dabei hatte er angedeutet, nach Entdeckung einer Parteispende Schottdorfs an die CSU seien die Ermittlungen von oberer Stelle behindert und die Sonderkommission verkleinert worden. "Ich habe noch nie erlebt, dass in ein Verfahren so eingegriffen wurde", wurde die Zeugenaussage von Sattler damals in dieser Zeitung zitiert. "Seit wir das" - die Spende an die CSU - "der Staatsanwaltschaft gemeldet haben, hatten wir unheimliche Schwierigkeiten, weiterzuermitteln." Am Dienstag im Untersuchungsausschusses beteuerte Sattler nun, er sei falsch zitiert worden: "Nach meinem Dafürhalten ist das nicht richtig." Diese Klarstellung kam erst auf mehrmalige Nachfrage.

"Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf"

Ob es eine politische Einflussnahme auf die Ermittlungen gab, ist eine der zentralen Fragen, die der Untersuchungsausschuss klären soll. "Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf", sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Franz Schindler. "Es steht immer so im Raum, da gab es dunkle Mächte, die auf tapfere Ermittler, und stolze LKA-Beamte Einfluss genommen haben, damit die ihren Job nicht erledigen können."

In einem weiteren brisanten Punkt fanden die Abgeordneten bei der Befragung Sattlers keinen Hinweis für grundsätzlich mangelnden Verfolgungseifer der Justiz. Die Betrugsermittlungen gegen Schottdorf und Berufskollegen waren 2008 von der Münchner an die Augsburger Staatsanwaltschaft abgegeben worden. Am ersten Tag seiner Zeugenvernehmung hatte Sattler einen Münchner Staatsanwalt und Kollegen aus dem Landeskriminalamt zitiert, dass die Augsburger Staatsanwälte das Verfahren "totmachen" würden.

Anklage erst im Jahr 2012

Der Ausschussvorsitzende Alexander König (CSU) konfrontierte Sattler mit den Protokollen der Augsburger Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2008. Daraus geht hervor, dass die Augsburger Ermittler zwar die von Sattler und der Soko ursprünglich verfolgte Stoßrichtung gegen die Ärzte für rechtlich riskant hielten. Doch ließen die Staatsanwälte keinen Zweifel, dass sie den Laborunternehmer Schottdorf als Dreh- und Angelpunkt des vermuteten betrügerischen Abrechnungssystems verfolgen wollten: "Ziel ist, das Verfahren 2009 zur Anklage zu bringen", hielten die Ermittler schriftlich fest. Die Anklage kam dann tatsächlich, allerdings erst im Jahr 2012.

Andererseits ließ die Staatsanwaltschaft bewusst die Verfahren gegen viele Ärzte verjähren. Sattler las aus einem Besprechungsprotokoll vor. Demnach nahm die Augsburger Anklagebehörde das Risiko der Verjährung wissentlich in Kauf . Diese defensive Einstellung steht in krassem Gegensatz zum strengen Vorgehen gegen Sattler vor dem Ausschuss und auch bei der Staatsanwaltschaft München I: Diese ermittelte jahrelang gegen ihn, ehe sie das Verfahren einstellte.

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