Fall Peggy:Was Mollath mit Ulvi K. verbindet

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Gustl Mollath und Ulvi K., der im Fall Peggy verurteillt wurde, sind beide in geschlossenen Abteilungen des Bayreuther Bezirkskrankenhauses untergebracht. (Foto: dpa)

Die Polizei sucht wieder nach der Leiche der kleinen Peggy, dabei wurde Ulvi K. vor Jahren als Mörder verurteilt. Gustl Mollath kennt ihn schon lange - beide Männer sind in der Psychiatrie in Bayreuth. "Wie ein kleiner Bub" sei Ulvi K., sagt Mollath. Und stellt dessen Täterschaft infrage.

Von Olaf Przybilla und Uwe Ritzer

Ab und zu trifft Gustl Mollath auf Ulvi K., den 35-jährigen Insassen aus der Nachbarstation. Man ist auf verschiedenen Abteilungen der geschlossenen Forensik im Bezirkskrankenhaus Bayreuth untergebracht, aber K. kommt manchmal zu Besuch, dann plaudert man ein bisschen. Seit 2006 kennen sich die beiden, Mollath hat noch ziemlich gut in Erinnerung, wie man sich das erste Mal gesehen hat.

Er, Mollath, musste damals den Hofgang in Fuß- und Handfesseln absolvieren, so hat es Mollath jedenfalls im Gedächtnis. Ulvi K. war seiner Erinnerung nach nur an den Händen gefesselt. Der erste Eindruck? "Er ist halt unterwegs wie ein kleiner Bub", sagt Mollath. Einer, von dem man sich auch beim besten Willen nicht vorstellen könne, dass gerade er einen vermeintlich perfekten Mord begehen könnte. Einen Mord ohne Leiche.

Ulvi K., geboren 1977, ist seit seinem dritten Lebensjahr geistig behindert, in Folge einer bakteriellen Hirnhautentzündung. Seine Eltern betrieben die Schlossklause an der Burg, zugleich das Vereinslokal des TSV Lichtenberg. Ulvi K. war bei dem Verein für 325 Mark monatlich als Gaststättenhelfer angestellt, bis er in die Psychiatrie eingewiesen wurde. Er hatte zugegeben, Kindern aus Lichtenberg Süßigkeiten dafür angeboten zu haben, dass diese sexuelle Handlungen an ihm vornehmen. Die Vorwürfe, auch Peggy Knobloch ermordet zu haben, kamen erst später.

Urteil nach falscher Aussage?

Der Fall Peggy ist zumindest unterschwellig permanent präsent im Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Und das nicht nur, weil dort Ulvi K. untergebracht ist. Vielmehr ist dort auch jener Mann sehr gut bekannt, der mit seiner Aussage nicht unerheblich dazu beigetragen haben dürfte, dass K. damals wegen Mordes verurteilt wurde. Es ist der Mann, der inzwischen vor Gericht ausgesagt hat, er habe angeblich auf Drängen von Ermittlern behauptet, der Psychiatrie-Insasse K. habe ihm gegenüber in der Bayreuther Bezirksklinik den Mord an Peggy zugegeben.

Mollath kennt den Mann gut, er war mal auf derselben Station untergebracht, die beiden waren sozusagen Zimmernachbarn. Sollte das nun die Wahrheit dieses Zeugen sein, sagt Mollath, dann verstehe er nicht, warum jemand so was machen könne: Einen Menschen grundlos beschuldigen, der sich einer Krankheit wegen auf dem Entwicklungsstand eines Jungen befindet.

In beiden Fällen gibt es Zweifel

Es laufen derzeit kurios viele Geschichten zusammen im Bezirkskrankenhaus in Bayreuth. Wenn auch die Fälle Gustl Mollath und Ulvi K. grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben. Eines eint sie doch: Die Zweifel, ob sich alles so zugetragen haben kann, wie es Gerichte rekonstruiert haben wollen, werden immer größer.

Es gibt einen Brief, den Mollath im Jahr 2006 aus der Psychiatrie an das Nürnberger Landgericht geschrieben hat. Er beschwerte sich darin über einen fortwährenden Gesetzesbruch durch Hofgangentzug. Ihm und Ulvi K. sei der eigentlich einstündige Hofgang auf fünf Minuten gestrichen worden. Und dies nur deshalb, weil unter dem Dach befindliche "Schwalbennester zu entfernen" seien, schrieb Mollath. Das habe offenbar Vorrang. Mollath fand das in dem Brief empörend.

Er habe immer gute Erfahrungen mit K. gemacht, sagt Mollath. Er kann sich an ein Volleyballspiel erinnern, auf dem dafür vorgesehenen Areal der Anstalt. K. schaute nur zu, Mollath drückte ihm Kleidung in die Hand, auf die er während des Spiels aufpassen sollte. Das habe er sehr akkurat gemacht, und so sähen eben üblicherweise die Tätigkeiten aus, die man K. anvertraue.

Aber ein Kind ermorden und so beseitigen, dass zwölf Jahre danach noch keine Leiche zu entdecken ist? Die Mitinsassen aus der Psychiatrie hätten Probleme, sich das vorstellen zu können, sagt Mollath.

© SZ vom 24.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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