Fall Peggy:Vorwürfe gegen Ulvi K.s Gutachter

Fall Peggy - Prozess Ulvi K.

Der Gutachter Hans-Ludwig Kröber im Wiederaufnahmeverfahren gegen Ulvi K., das 2014 vor dem Landgericht Bayreuth stattfand.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Zehn Jahre saß Ulvi K. wegen Mordes an der neunjährigen Peggy im Gefängnis, dann wurde er in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen.
  • Unterstützer des geistig beeinträchtigten K. werfen dem Gutachter aus dem ersten Prozess vor, wichtige Akten nicht hinreichend berücksichtigt zu haben.

Von Olaf Przybilla, Lichtenberg

Im Fall Peggy will der Unterstützerkreis von Ulvi K. einen damals beauftragten Sachverständigen auf 350 000 Euro Schadenersatz verklagen. In dieser Woche werde eine 170-seitige Klageschrift gegen den Psychiater Hans-Ludwig Kröber beim Landgericht Berlin eingehen, kündigte Thomas Henning im SZ-Gespräch an. Henning leitet des Anwaltsbüro, das die Interessen von Ulvi K. vertritt. Der geistig beeinträchtigte K. war 2004 wegen Mordes an der neunjährigen Peggy verurteilt worden. Zehn Jahre später wurde er in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Der Gutachter Kröber hatte im ersten Verfahren gegen K. die Glaubwürdigkeit von dessen Aussagen beurteilt. Nach Ansicht von Henning sei diese Beurteilung "der Grundpfeiler für die Verurteilung" des Angeklagten K. gewesen. Seit seiner Freilassung lebt K. in einem Heim für betreutes Wohnen in Oberfranken.

Das Anwaltsbüro kündigte an, es werde neben der Klageschrift umfassendes Dokumentationsmaterial mitliefern. Es handele sich um mehrere "Kisten". Man werfe dem Sachverständigen vor, ein Gutachten über die Glaubhaftigkeit von K. erstellt zu haben, ohne Akten hinreichend berücksichtigt zu haben. Auch sei es von vornherein nahezu unmöglich gewesen, die Glaubhaftigkeit von K. seriös zu beurteilen, da dieser - aufgrund seiner geistigen Beeinträchtigung - "ständig andere Geschichten" erzähle. Dies sei selbst für Laien nach kurzer Zeit erkennbar.

Ferner seien in dem Gutachten grundlegende Informationen verschwiegen worden. So sei etwa der Wurf eines Schulranzens als real erlebtes Ereignis dargestellt worden, das sich K. nicht habe ausdenken können - dabei sei "verschwiegen worden, dass dieser in einer der Vernehmungen einen solchen Ranzen werfen" sollte. Überdies glaube man nachweisen zu können, dass sich der Psychiater - nach Angaben Hennings - in einem wissenschaftlichen Aufsatz bereits mit dem Fall beschäftigt habe, noch bevor das Urteil gegen K. gesprochen worden sei. Dies widerspreche dem Neutralitätsgrundsatz.

Zuletzt habe Kröber ein Gutachten erstellt, obwohl er sich im Verfahren mehrfach habe vertreten lassen. Dies sei zu beanstanden, auch wenn sich der damalige Anwalt von K. damit einverstanden erklärt habe. Es gebe auch deshalb Überlegungen, den damaligen Anwalt von K. zu verklagen. Auch gegen den Freistaat Bayern behalte man sich rechtliche Schritte vor. Im Wiederaufnahmeverfahren hatte Kröber es nicht mehr ausgeschlossen, dass K. ein falsches Geständnis abgelegt haben könnte. Ulvi K. war auch daraufhin freigesprochen worden. Details zu der Schadenersatzklage will der Unterstützerkreis am 18. Januar bekanntgeben.

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