Fall Mollath:Spenden ins Nirwana

Gustl Mollath

Seit August ist er in Freiheit - von den Spenden für ihn hat Gustl Mollath noch nichts gesehen.

(Foto: Getty Images)

22.000 Euro liegen bereit. Geld, das Menschen für Gustl Mollath gespendet haben - von dem er seit seiner Freilassung im August aber nichts gesehen hat. Sein Anwalt erhebt deshalb schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden eines Unterstützervereins.

Von Uwe Ritzer und Olaf Przybilla

Viele haben seinen Namen als Verwendungszweck angegeben, manche schrieben einfach "Spende", andere verbanden die Überweisung mit einer Botschaft: "Freiheit und Gerechtigkeit" oder "Bestrafung d. Schuldigen". Zwischen einem und eintausend Euro gaben die knapp 400 Spender. Sie wollten mit ihren Zuwendungen auf das Konto 8832203 bei der Bank für Sozialwirtschaft einem Mann helfen, dessen Schicksal sie bewegte: Gustl Mollath.

Etwa 30.000 Euro landeten bis September auf einem Spendenkonto, das auf der Internetseite seines Unterstützerkreises angegeben war. Von dem Geld hat Mollath bis heute keinen Cent gesehen. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Mollaths Anwalt Gerhard Strate hat Strafantrag wegen Betrugs erstattet. "Ich halte das, was hier geschehen ist, für einen Skandal", sagt er. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München bestätigt, dass in der Sache Ermittlungen aufgenommen wurden. Unter Mollath-Unterstützern sorgen die Vorgänge für aufgeregte Schuldzuweisungen und Zerwürfnisse. Aktivisten überziehen sich in Foren gegenseitig mit Schmähungen. Man schenkt sich nichts.

Strates Vorwürfe richten sich gegen Fritz Letsch. Der Gestalttherapeut, Theaterpädagoge und Radiomoderator ist Vorstand und Buchhalter des gemeinnützigen Vereins "Zusammenschluss Bayerischer Bildungsinitiativen" (zbb). Dieser hatte dem Unterstützerkreis, der sich jahrelang für Mollaths Freilassung aus der forensischen Psychiatrie engagierte, eines seiner Konten zum Spendensammeln zur Verfügung gestellt. Von Dezember 2012 bis September 2013 gingen 29.846,46 Euro ein.

Davon kamen etwa 7000 Euro Mollath indirekt zugute. So wurden etwa Kosten für eine Demonstration in Nürnberg erstattet, wo im Juli 500 Menschen seine Freilassung forderten. 5000 Euro flossen an eine Mollath-Anwältin aus München, der er inzwischen das Mandat entzogen hat. Die Ausgaben seien im Einvernehmen mit Mollath erfolgt, erklärt der zbb.

22.000 Euro Restbetrag?

Bleiben immer noch mehr als 22.000 Euro übrig. Die Merkwürdigkeiten um dieses Geld begannen kurz nach Mollaths Freilassung. Letsch wollte, dass der 57-Jährige einen Beratervertrag beim zbb unterschreibt. Mollath sollte sich dazu verpflichten, den Verein dabei zu unterstützen, Verfehlungen von Politik, Justiz und Psychiatrie aufzudecken. "Bestandteile dieses Vertrages sind Veröffentlichungsrechte im Internet, Berichte zu juristischen und politischen Entwicklungen, Vorschläge zur Klärung der Zwangsbehandlung in Psychiatrien", heißt es weiter. Im Gegenzug sollte Mollath "bis zu 20.000 Euro aus dem Spendenaufkommen" erhalten. 5000 sofort, den Rest später. Mollath lehnte ab.

Warum soll jemand arbeiten, um für ihn bestimmte Spenden zu bekommen? Molath würde sein Geld erhalten und gleichzeitig "ein Forum für seine Aufklärungstätigkeit gestellt bekommen", lautet ein Erklärungsversuch des zbb. Strate spricht hingegen von einem "in jeder Hinsicht inakzeptablen Gebaren" Letschs, dem er allzu "lockeren Umgang mit den Vorschriften des Vereins- und Steuerrechtes" vorwirft. Strate wundert sich, warum nicht gleich ein treuhänderisch von einem Anwalt eingerichtetes Anderkonto genutzt wurde. Das wäre juristisch einwandfrei gewesen.

Wie der Verein zum Geld kam

Letsch findet sein Vorgehen nicht zu beanstanden. Es handele sich "schließlich nicht um Taschengeld, sondern um Geld auf einem Vereinskonto für politische Bildung, das dafür auch ausgegeben wird", sagt er und verweist auf ein "Projekt Psychiatrie-Politik", bei dem es "um Grundsatzfragen hinter dem Fall" gehe. Er habe als Moderator eines alternativen Münchner Radiosenders immer wieder über Themen wie Psychiatrie, Justiz oder den Mollath-Untersuchungsausschuss berichtet. Was das mit den Mollath-Spenden zu tun hat, erschließt sich Kritikern nicht sofort.

Dass der Verein überhaupt ans Spendengeld gelangte, kam so: Mollaths Unterstützerkreis suchte nach einem Partner, der juristisch korrekt Spenden annehmen konnte, seit Ende 2012 war dies die zbb. Die Konstruktion erwies sich jedoch als fragwürdig: Die zbb ist zwar als gemeinnützig anerkannt, doch laut Satzung nicht mildtätig.

Damit war der Verein wohl nie berechtigt, Spenden ausschließlich für Mollath anzunehmen und auszuzahlen. Strates Vorwurf: Letsch habe dies als Vorstand und Buchhalter des zbb gewusst. Betrug setzt strafrechtlich einen Vorsatz voraus.

Probleme "nicht überblickt"

Reiner Hofmann sieht das anders. Der Schwabacher gehörte zum engsten Unterstützerkreis für Mollath und betreute dessen Internetseite, als dieser in der Psychiatrie war. "Für mich sind Unbedarftheit und mangelnde Kommunikation im Spiel, aber keine Betrugsabsicht", sagt Hofmann, dem Strate integres Verhalten attestiert. Man habe "nicht überblickt, welche steuer- und spendenrechtlichen Hemmnisse" es gebe.

Selbstverständlich seien die Spenden für Mollath bestimmt gewesen, für dessen Unterstützung, als er noch in der Psychiatrie war. "Als er freigelassen wurde, sollten die noch vorhandenen Spenden an ihn fließen." Hofmann hofft, dass "bald ein für alle Beteiligten gangbarer und rechtlich einwandfreier Weg gefunden" werde, auf dem Mollath zu seinem Geld komme.

Wobei fraglich ist, ob der das überhaupt noch will. Gebrauchen könnte Mollath es wohl: Er lebt seit der Freilassung von Zuwendungen eines Freundes und Spenden, die über ein Treuhandkonto seines Anwalts eingehen. Um auch nur den Anschein zu vermeiden, dass mit den über den zbb eingesammelten Spenden nicht korrekt umgegangen wird, hat Mollath den Verein aufgefordert, das Geld an die Spender rückzuüberweisen. Das lehnt der zbb jedoch ab.

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