Fall Mannichl in Passau:Ehepaar doch tatverdächtig

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Das nach dem Überfall auf den Passauer Polizeichef Mannichl festgenommene Ehepaar könnte nun doch an dem Attentat beteiligt gewesen sein.

Bei dem Pärchen, das nach dem Messerattentat auf den Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl festgenommenen wurde, könnte es sich nach Angaben der Ermittler doch um Tatbeteiligte handeln. "Die Art einer möglichen Tatbeteiligung" werde geprüft, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Die 22 Jahre alte Frau und ihr 33 Jahre alter Mann aus der rechten Szene würden "intensiv vernommen", um eine mögliche Verstrickung der beiden in die Geschehnisse zu klären.

Passaus Polizeichef Alois Mannichl ist auf dem Weg der Besserung. (Foto: Foto: dpa (Archiv))

Das Ehepaar war am Dienstagabend in seiner Münchner Wohnung festgenommen worden. Zunächst hatte es geheißen, die beiden würden "als Zeugen behandelt, nicht als Tatverdächtige". Außerdem erhoffte man sich Hinweise auf die offensichtlich von Rechtsradikalen verübte Tat. Am Mittwochnachmittag sprachen die Fahnder allerdings von "möglichen Tatbeteiligten". Die beiden seien bereits polizeibekannt.

Medienberichten zufolge sollen die beiden auch bei der Beerdigung des Alt-Nazis Friedhelm Busse Ende Juli in Passau gewesen sein. Weil rechtsradikale auf Busses Sarg eine Hakenkreuz-Fahne gelegt hatten, war das Grab wieder geöffnet und ein Verfahren eingeleitet worden.

Der Vorfall gilt als Auslöser des Mordanschlags auf Mannichl, der am Samstag mit einem Messer niedergestochen worden war. Vor der Attacke hatte der Angreifer zu Mannichl "Du linkes Bullenschwein, du trampelst nimmer auf den Gräbern unserer Kameraden herum" gesagt.

Polizeidirektor Mannichl war am Samstag vor seinem Wohnhaus in Fürstenzell von einem großen, glatzköpfigen Mann beschimpft und niedergestochen worden. Das Ehepaar war am Dienstagabend in München festgenommen worden. Oberstaatsanwalt Helmut Walch hatte erklärt: "Es gibt einen gewissen Tatverdacht." Polizeisprecher Krämer sagte, beide hätten die Nacht in Polizeiarrest in Passau verbracht. Die 50-köpfige Sonderkommission wollte noch am Mittwoch weitere Informationen zum Stand der Ermittlungen bekanntgeben.

Der bei dem Mordanschlag schwer verletzte Polizeidirektor Mannichl hatte den Täter als einen 1,90 Meter großen, kahlköpfigen Mann mit kräftiger Statur beschrieben. Die 22-Jährige soll laut dem Radiosender in der rechten Szene tief verwurzelt sein. So sei sie auch auf Fotos identifiziert worden, die sie auf der Beerdigung des Alt-Nazis Friedhelm Busse im Sommer auf einem Passauer Friedhof zeigen.

Am Sonntag waren zwei Männer festgenommen worden, die aber am Montag wieder freigelassen wurden. Der Täter hatte Mannichl am Samstag vor seinem Reihenhaus in Fürstenzell bei Passau ein Küchenmesser in den Bauch gerammt. Die Ermittler vermuten den Racheakt eines Neonazis, nachdem der 52 Jahre alte Beamte in der Vergangenheit immer wieder in Niederbayern gegen rechtsextremistische Gewalttäter vorgegangen ist.

Nach dem Anschlag wollen die Ministerpräsidenten über ein neues NPD-Verbotsverfahren sprechen. Der bayerische Landtag beschloss am Dienstag einstimmig, es solle ein weiteres Verfahren gegen die rechtsextremistische Partei vor dem Bundesverfassungsgericht geprüft werden.

Zypries skeptisch über Aussichten eines NPD-Verbotsverfahrens

Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, bedankte sich beim bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer für seine Initiative, ein erneutes NPD-Verbotsverfahren zu prüfen. Das Thema soll bei der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin erörtert werden. Die Forderung stößt allerdings nicht nur auf Zustimmung.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) etwa äußerte sich skeptisch über die Aussichten eines erneuten Verbotsverfahrens gegen die rechtsextreme NPD. Der Bild-Zeitung sagte sie: "Ob das öffentlich zugängliche Material über die NPD ausreicht, um ihre Verfassungswidrigkeit zu belegen, ist fraglich." Eine Streichung staatlicher Zuschüsse an die rechtsextreme NPD sei derzeit rechtlich nicht möglich, sagte Zypries bild.de.

FDP-Chef Guido Westerwelle lehnte ein NPD-Verbot ab. "Davon lässt sich kein Mörder beeindrucken", sagte er der Schweriner Volkszeitung."Ich bin so lange gegen ein NPD- Verbotsverfahren, wie keine Aussicht besteht, dass es auch vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg hat."

Parlamentarische Kontrollgremium befasst sich mit NPD

Die SPD im Bundestag dringt darauf, die rechte Szene durch das Austrocknen ihrer staatlichen Geldquellen entscheidend zu schwächen. SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Nachdem ein schnelles NPD-Verbot mit der Union nicht zu machen ist, müssen wir den Rechtsextremisten zumindest das finanzielle Fundament entziehen." Das Gesetzgebungsverfahren solle spätestens auf der nächsten Innenministerkonferenz im Frühjahr angestoßen werden.

Nach dem Attentat wird sich auch der Geheimdienstausschuss des Bundestages mit der rechtsextremen NPD befassen. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) werde sich am Mittwochabend vom Bundesamt für Verfassungsschutz über die Aktivität der NPD in der Region informieren lassen, kündigte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, am Mittwoch an. Er plädierte dafür, rasch die Voraussetzungen für ein Parteiverbotsverfahren gegen die NPD zu prüfen. Finanziell austrocknen lasse sich die NPD ohne ein Verbot nicht: "Ich sehe keine Chance, der NPD den Geldhahn abzudrehen."

Jeder Angriff auf einen Polizisten sei ein Angriff auf den Staat, sagte Oppermann. Er hoffe sehr, dass Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Material aus den Bundesländern über die NPD neu bewerte.

© ddp-by/dpa/AP/Reuters/ihe/cag/gba/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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