Mitten in Bamberg:Auf und nieder

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Einlassungen über Fake-Accounts bringen einen SPD-Spitzenmann ins Zwielicht. Peinlich. Dafür stellen nun seine Beiträge im Stadtrat den Fitnesszustand der Kollegen sicher.

Glosse von Olaf Przybilla, Bamberg

Doch, es beschäftigt einen schon, wie man sich die Herren Stefan Sandmann, Matthias Franken und Timo Hausdörfer so vorstellen muss. Und ob man es will oder nicht, es schiebt sich immer das Konterfei von Ulrich Mühe aus "Das Leben der Anderen" ins Bild: Männer mit graugrünem Anorak und Kopfhörern auf den Ohren, die unhörbar "Die Partei, die Partei, die hat immer recht" summen und ihren Auftrag alert bis zur Selbstverleugnung ausführen.

Sandmann, Franken, Hausdörfer, sie waren Helden. Denn jemand musste ja im Netz die Schmutzarbeit machen, wenn wieder mal Unrühmliches über das Bamberger Rathaus und dessen SPD-Spitze zu lesen war. Dann griff das Trio in die Tasten und feuerte in Facebook-Kommentaren aus allen Rohren gegen maligne Schreiberlinge, die alles in den Schmutz zu ziehen sich erdreisteten. Selbstlos war ihr Einsatz - und letal.

Denn die drei Herren flogen auf, mussten sich als fiktive Phantome, Fake-Accounts, virtuelle Pappkameraden respektive Pappgenossen veralbern lassen und schieden aus der Netzwelt, wie sie gekommen waren: lautlos und durch die Hintertür. Sandmann, Franken, Hausdörfer, sie gibt's nicht mehr - und seither darf wieder jeder frech über die Stadt herziehen, ohne korrigierende Salven in der Kommentarfunktion gewärtigen zu müssen.

Wer den dreien ihr Leben schenkte? Man weiß es nicht. Klaus Stieringer aber, damals noch SPD-Fraktionsboss, hat in einem BR-Gespräch in "quer" hinterlegt, er kenne die Herrschaften, kenne sie gut. Was alle ehrlich, viele intellektuell ungünstig, die meisten empörend fanden.

Viele machen sich seither Gedanken in Bamberg: Für was braucht's eine Partei des linken Spektrums, deren Spitzenfunktionär virtuelle Papiertiger mit der Methodik autoritärer Schurkenstaaten zumindest "gut kennt" - ihnen aber offenbar nicht in die Tastatur fallen wollte?

Nun freilich zeichnet sich ab: Bambergs SPD ist gut für den Fitnesszustand der Mitbewerber. Stieringer ist nämlich immer noch Vize-Sprecher seiner Partei im Kultursenat und ergreift dort ausgiebig das Wort. Neunmal zuletzt, so hat der Fränkische Tag mitgezählt, neunmal haben sich Kollegen aus Protest auf den Weg nach draußen gemacht - und, wie Stadtrat Nobert Tscherner berichtet, "an Gucklöchern" gewartet, bis er fertig ist.

Die SPD als Sportbeauftragte im Stadtrat Bambergs? Ach, wenn das noch Sandmann & Co. kommentieren könnten.

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