Seehofer verliert seinen Finanzminister:Fahrenschon will Sparkassen-Präsident werden

Ein üppiges Jahresgehalt, mehr Zeit für die Familie, keine Wahlkämpfe und keinen Chef über sich: Der Posten des Sparkassen-Präsidenten ist für Georg Fahrenschon zu verlockend. Der bayerische Finanzminister riskiert die Kandidatur - obwohl es sich die CSU eigentlich nicht leisten kann, ihren Erklär-Bären zu verlieren.

Mike Szymanski

Wenn seine Parteifreunde von der CSU wieder mit großen Zahlen hantieren und Orientierung in der undurchsichtigen Finanzwelt suchen, macht ihnen Georg Fahrenschon gerne den "Erklär-Bären". Er stellt sich hin und erläutert mit einfachen Worten und Bildern, wie seine Welt so funktioniert. In der CSU können sie es sich eigentlich nicht leisten, ihren Erklär-Bären zu verlieren. Wie es aussieht, scheint es so zu kommen. Am Freitagabend erklärte er, sich um den Posten des obersten Sparkassen-Präsidenten zu bewerben.

Minister will Sparkassenpräsident werden

Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) will sich aus der Politik verabschieden und Sparkassenpräsident werden.

(Foto: dpa)

Es sind keine einfachen Tage für den 43-jährigen CSU-Politiker, obwohl er gerade mit Lob überhäuft wird. Regierungschef Horst Seehofer sagt: Bayern brauche ihn - "jetzt und später". Und hinter den Kulissen sagten ihm führende Sparkassenmanager der Republik, die Wirtschaft brauche ihn auch. Der Posten ist pure Verlockung: Mit weniger als 700.000 Euro Jahresgehalt dürfte die Arbeit nicht abgegolten werden. Hinzu käme: mehr Zeit für die Familie, keine Wahlkämpfe und keinen Chef über sich. Freitagabend war es soweit: "Ich habe mich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, für das Amt zur Verfügung zu stehen", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Wochenlang trug Fahrenschon schwer an der Entscheidung. Der bisherige Bewerber aus der Politik, Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) aus dem Bundesfinanzministerium, sah für sich keine Mehrheit und zog sich am Donnerstag zurück. Als einziger Kandidat galt noch Rolf Gerlach, der westfälische Sparkassen-Präsident. Ein Banker, dafür etwas polternd in der Art, und nicht unumstritten im Verband. Fahrenschon - und dies versichern zumindest die Sparkassen-Insider aus dem Süden der Republik - hätte gute Chancen gegen ihn.

Auch bei den kommunalen Spitzenverbänden gibt es starke Bestrebungen, lieber einen Politiker als einen Verbandsfunktionär an die Spitze zu hieven. Am 3. November endet die Bewerbungsfrist. Hinter Fahrenschons Zurückhaltung vermuten Parteifreunde, dass er hin- und hergerissen war. Seehofer hat ihm jedenfalls die Arbeit nicht leichter gemacht, gerade in diesen Wochen, in denen in Berlin über Steuersenkungen diskutiert wird. Fahrenschon hatte im Januar ein Modell für die Einkommenssteuer vorgelegt, das er Anfang der Woche noch tapfer verteidigte, bis Seehofer es vom Tisch fegte: "Ich kenne keinen Ministerpräsidenten, der dafür ist." Jetzt muss Fahrenschon ein neues Modell ausarbeiten. Es ist wie eine Strafarbeit für ihn.

Wer weiß, ob die CSU nach 2013 noch Posten zu vergeben hat

Dass Seehofer darüber hinaus in seiner tagespolitischen Beweglichkeit mal eben Studiengebühren in Frage stellt oder über kostenfreie Kindergartenjahre sinniert, ohne die Folgen für den Haushalt mit Fahrenschon abzuklären, gehört zu den kleineren Sticheleien, an die man sich als Seehofer-Untertan gewöhnen muss. Chef des mächtigen CSU-Bezirks Oberbayern durfte Fahrenschon nicht werden, weil Seehofer sich die Frauenquote in den Kopf gesetzt hatte und Ilse Aigner bevorzugte. Fahrenschon nahm es hin. Vielleicht reicht es ihm jetzt.

Auch seine Frau wird bei der Entscheidungsfindung sicher eine große Rolle gespielt haben. Sie hatte schon bei Seehofer persönlich interveniert, als der CSU-Chef Fahrenschon als Ersatz für den zurückgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach Berlin schicken wollte. Wer wusste damals schon, wie lange die Koalition noch hält. Und ob Schwarz-Gelb nach der Landtagswahl 2013 in Bayern noch Posten zu vergeben hat, ist auch nicht mehr so sicher. Sparkassenpräsident könnte Fahrenschon dagegen bis zur Rente bleiben.

Fahrenschon kann sich aber denken, wie ein Wechsel bei Bayerns Wirtschaft und bei den Bürgern ankommen würde: als Flucht. Dem Ansehen der Staatsregierung würde dies Verhalten schaden, für Seehofer ist die Kandidatur schon ein schwerer Schlag. Fahrenschon wäre nach Staatssekretär Bernd Weiß und Staatskanzleichef Siegfried Schneider das dritte Kabinettsmitglied, das ihm den Rücken kehrt. Er dürfte Bedenken gehabt haben, dies seiner CSU anzutun, der er viel zu verdanken hat. Sie machte den Bundestagsabgeordneten 2007 zum Finanzstaatssekretär in Bayern, ein Jahr später zum Minister. Von solchen Karrieresprüngen träumen andere in der Partei ein Leben lang. Jetzt denkt er an sich.

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