Fahrenschon-Rückzug:So will Seehofer das Ministerrätsel knacken

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer setzt sich selbst unter Zeitdruck: Bis Dienstag will er einen Nachfolger für seinen scheidenden Finanzminister Georg Fahrenschon präsentieren. Spekuliert wird viel. Doch Seehofer hat angeblich schon jemanden im Blick.

Birgit Kruse

Am Ende haben auch die Lobeshymnen des Chefs nichts geholfen. Er sei "unverzichtbar", für Bayern und die CSU, hatte Ministerpräsident Horst Seehofer öffentlich über seinen Finanzminister verlauten lassen. "Jetzt und später." brauche er ihn. Seehofer rollte Georg Fahrenschon den roten Teppich aus und ließ damit reichlich Raum für Spekulationen über dessen weitere Karriere.

Bavarian state premier Seehofer waits to make his speech in Munich

Bayerns Ministerpräsident Seehofer: Kaum Zeit für Beratungen.

(Foto: REUTERS)

Doch Georg Fahrenschon hat sich gegen die Politik und seinen Ministerposten entschieden. Der 43-Jährige will Sparkassen-Präsident in Berlin werden - am Freitag hat er seine Kandidatur für die Wahl am 30. November angekündigt.

Für Seehofer bedeutet das: In seinem Kabinett wird ein Posten frei. Ausgerechnet das Finanzministerium muss neu besetzt werden, eines der Schlüsselressorts. Und die Zeit für eine Personalrochade ist denkbar ungünstig. Die Finanzkrise hat Europa im Griff, das Milliarden-Desaster um die BayernLB ist noch immer nicht ausgestanden und im Landtag wird derzeit um den Nachtragshaushalt gerungen.

"Wir müssen bei den derzeitigen Herausforderungen in Brüssel und bei der Landesbank handlungsfähig bleiben", sagt Seehofer deshalb und will bereits bis Allerheiligen einen Nachfolger präsentieren. Derzeit würde er Gespräche führen - und einen geeigneten Kandidaten hätte er auch bereits im Blick. Aber wen?

Die CSU und der Regionalproporz

Denn die Besetzung von Kabinettsposten ist in der Christsozialen traditionell an viele Bedingungen geknüpft. Fachliche Qualitäten alleine haben noch keinen CSU-Politiker auf einen Ministerposten gebracht.

Die Landtagsfraktion will, dass die Regierungsmitglieder aus ihren Reihen kommen und nicht aus dem Bundestag, dem Europaparlament oder gar von außerhalb der Politik. Dann kommt bei den Christsozialen noch der Regionalproporz hinzu - alle Landesteile sollen ausgewogen im Kabinett vertreten sein. Und, seit einiger Zeit ebenfalls ein Punkt, den es bei der Personalauswahl zu bedenken gibt: das Geschlecht. Seehofer hat der Partei eine stärkere Frauenförderung verordnet.

Grundsätzlich hat Seehofer jetzt zwei Möglichkeiten: Er krempelt sein Kabinett in großen Stil um. Oder er beruft nur einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Fahrenschon und lässt ansonsten alles beim Alten.

Viele Männer - und eine Frau

Bei Variante eins hat Seehofer mehrere Möglichkeiten. Er könnte Markus Söder zum Finanzminister machen. Söder (ein Franke) ist ehrgeizig und ist schon lange auf ein sogenanntes klassisches Ressort scharf. Für seine Ambitionen, einmal Ministerpräsident zu werden, wäre der Posten des Finanzministers hilfreich.

Und: Seehofer würde Söder ein Signal geben, dass er ihm viel zutraut - auch für die Zukunft. Söder ist zwar "kein Fachmann", wie ein Fraktionsmitglied sagt. Aber er habe bislang alle Aufgaben (erst Europa-, dann Umweltminister) "anständig erledigt".

Ebenfalls Signalwirkung hätte es, wenn Söder ins Innenministerium wechselt und dafür der ziemlich blasse Innenminister Joachim Herrmann Finanzminister wird. Das Innenministerium ist für jeden CSU-Politiker, der noch etwas werden will, eine wunderbare Bühne. Hier kann man mit knackiger Law-and-Order-Politik punkten.

Der derzeitige Staatskanzleichef Marcel Huber (ein Oberbayer) könnte Umweltminister werden - ein Ressort, von dem der Tierarzt schon lange träumt. In die Staatskanzlei könnte dann ein Oberbayer aus der Fraktion wechseln.

Kaum Zeit für Gespräche

Gegen diese Lösung sprechen vor allem zwei Dinge: Für einen größeren Kabinettumbau müssen viele Gespräche geführt werden - dafür hat Seehofer aber kaum noch Zeit. Außerdem müssten sich gleich mehrere Minister neu in ihre Ressortaufgaben einarbeiten. All das brächte reichlich Unruhe mit sich.

Die schnellere Variante, die aber nicht unbedingt einfacher umzusetzen wäre: Dabei würde Seehofer nur den Posten des Finanzministers neu besetzen und dafür einen Kandidaten außerhalb des Kabinetts zu suchen - etwa in Brüssel. Kandidaten, die schon früher für Ministerposten im Gespräch waren, sind Markus Ferber und Manfred Weber. Der eine ist Schwabe, der andere Niederbayer.

Eine Lösung aus Brüssel?

Doch in Brüssel findet sich für Seehofer auch eine sehr elegante Lösung für die Fahrenschon-Nachfolge, mit der er gleich mehrere Probleme lösen könnte: Angelika Niebler. Die 48-Jährige sitzt seit 2007 für die CSU im Europaparlament, ist Landesvorsitzende der Frauen-Union und Mitglied in Parteivorstand und Präsidium. Und: Sie kommt - wie Fahrenschon - aus Oberbayern.

Im Laufe des Wochenendes wird also noch viel telefoniert werden.

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