Fachkräftemangel:Mehr, aber nicht genug

Die Azubis in der Metall- und Elektroindustrie reichen nicht

Von Maximilian Gerl

So viele Auszubildende wie lange nicht, aber gleichzeitig viel zu wenige davon: Zu diesem Urteil kommt die bayerische Metall- und Elektroindustrie in ihrer Ausbildungsbilanz für 2016. Demnach wurden im vergangenen Jahr 14 876 neue Ausbildungsverträge in der Branche abgeschlossen - 1,4 Prozent mehr als 2015. "Für 2017 rechnen wir mit einem neuen Ausbildungsrekord", sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände Bayme VBM. Er erwarte 15 100 neue Verträge. Das wären noch einmal 1,5 Prozent mehr.

Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge hätte 2016 sogar höher ausfallen können. Nur: Es fehlte an geeigneten Kandidaten. Auf einen ausbildungsbereiten Jugendlichen kamen laut Bayme VBM im vergangenen September rechnerisch 1,27 Plätze. "Wir gehen davon aus, dass allein in Bayern branchenübergreifend insgesamt zwischen 11 000 und 15 000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten", sagte Brossardt. "Das ist gut für die Jugend, aber schlecht für die Unternehmen." Ein Zustand, der sich wohl noch verschärfen werde, weil es immer weniger Schulabsolventen gebe.

Tatsächlich darf das aktuelle Plus nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zahlen bei den Ausbildungsverträgen tendenziell über die letzten Jahre hinweg stagnierten. 2012 etwa wurden 14 782 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 94 mehr. Den letzten großen Zuwachs gab es von 2010 auf 2011, damals stieg die Zahl der neuen Ausbildungsverträge um fast 14 Prozent. Das lag aber vor allem daran, dass eine Wirtschaftskrise zu Ende ging und die Firmen wieder kräftig investierten.

Immerhin nimmt die derzeitige wirtschaftliche Lage relativ wenig Einfluss auf die Zahl der Ausbildungsstellen. Dabei ist die Zukunft dank Brexit, US-amerikanischer Abschottungspolitik und teils chaotischer Zustände in Schwellenländern theoretisch so unsicher wie lange nicht mehr. Trotzdem gaben in einer Umfrage nur 14 Prozent der befragten Metall- und Elektrobetriebe an, dass sie deshalb lieber auf Azubis verzichteten. Mehr Einfluss übt die wirtschaftliche Unsicherheit dagegen auf die Übernahmequoten aus. Für 2017 erwarten Bayme VBM, dass die Zahl der unbefristeten Übernahmen leicht sinken wird. 2016 wurden rund 44 Prozent der fertigen Azubis unbefristet und 15 Prozent befristet übernommen. Weitere 28 Prozent bekamen einen Arbeitsvertrag für ein Jahr und wurden danach entfristet.

Um dem Nachwuchsmangel etwas entgegen zu setzen, gehen Bayme VBM inzwischen kreative Wege. Das Projekt "game groupIT" zum Beispiel soll Schüler für Technik begeistern, indem sie mit Medienpädagogen und Spieldesignern ein eigenes Computerspiel entwickeln. Beim "DigiCamp" verbringen sie eine Woche in einem Betrieb und arbeiten an einem eigenen Projekt. Und ein Ausbildungsprogramm mit Spanien geht in die vierte Staffel: Die ersten Teilnehmer, 30 junge Spanier, schlossen vergangene Woche ihre Ausbildung ab. Die meisten von ihnen wurden anschließend von bayerischen Betrieben übernommen.

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