Fachkräfte für Kitas gesucht:Ude fordert Notprogramm

'Regenbogen'-Kindergarten

Was macht eine Kindergärtnerin zur Erziehungsfachkraft? Ungerade Bildungswege sind, trotz Personalmangels, oft nicht gern gesehen. 

(Foto: dpa)

Erzieher werden derzeit in Bayern händeringend gesucht. SPD-Spitzenkandidat Ude will nun sogar die Ausbildungsdauer vorübergehend verkürzen. Doch möglicherweise mangelt es gar nicht an gut ausgebildeten Fachkräften. Bürokratische Hürden könnten das Problem sein.

Von Viktoria Großmann

Erzieherinnen und Erzieher sind im Augenblick wohl die gesuchtesten Fachkräfte im Freistaat. Um rasch mehr Personal für Kinderkrippen und Kindergärten gewinnen zu können, hat Christian Ude, der Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl, jetzt ein Notprogramm vorgeschlagen. Ude will, dass zum Beispiel die Ausbildungsdauer "zumindest vorübergehend von fünf auf vier Jahre verkürzt" wird. Außerdem fordert er mehr Assistenzkräfte einzustellen.

Möglicherweise mangelt es jedoch nicht an gut ausgebildeten Kräften, sondern auch an deren Anerkennung. So sehen das jedenfalls viele Mitarbeiter in Kindertagesstätten. Manuela Schmautz ist ein gutes Beispiel dafür, wie hürdenreich und bürokratisch der Weg zur Erzieherin sein kann.

Statt einer zweijährigen Ausbildung zur Kinderpflegerin, für die ein Hauptschul- oder Realschulabschluss nötig ist, und einer daran anschließend dreijährigen Ausbildung zur Erziehungsfachkraft, machte Schmautz nach dem Abitur ein Studium zur Grundschullehrerin. Nach dem ersten Staatsexamen zog es sie jedoch in den vorschulischen Bereich. Mehr als zehn Jahre hat sie nun in Kinderkrippen gearbeitet. Nebenbei hat sie sich in Kleinkindpädagogik weitergebildet. Trotzdem darf sie offiziell nur als Helferin arbeiten.

Für Markus Rinderspacher, den Fraktionschef der Landtags-SPD, ist das unbefriedigend. Man wolle natürlich auch etwas für die Anerkennung unüblicher Ausbildungswege wie der von Manuela Schmautz tun. Wie das konkret gemacht werden soll, weiß er aber noch nicht. Im Moment ist Schmautz auf eine sogenannte Einzelfallprüfung angewiesen. Das heißt jeder Arbeitgeber, der sie anstellt, muss erneut ihre Anerkennung als Fachkraft beantragen. Sonst kann sie nur als Assistentin arbeiten.

GEW fordert Planungssicherheit

Von denen gibt es allerdings schon viele in Bayern - Udes Vorschlag, noch mehr Hilfskräfte anzustellen, zum Trotz. Im Vergleich hätten die Kitas in Bayern eine der niedrigsten Fachkräftequoten, sagt Gottfried Koppold, der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie liege bei etwa 60 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt von mehr als 80 Prozent. "Mehr Hilfskräfte bedeuten eher noch mehr Arbeit für die leitenden Kräfte", sagt Koppold, denn sie müssten angeleitet und beaufsichtigt werden.

Aus seiner Sicht kann der Freistaat allerdings etwas tun: Planungssicherheit schaffen. Das gehe nur mit mehr Geld für die Kitas. Wie viel und welches Personal sie einstellen dürfen, richtet sich nach der Anzahl der gebuchten Betreuungsstunden. Diese ändern sich mindestens einmal im Jahr, wenn Kinder zur Schule gehen und neue hinzukommen. Nur wenn sich die Einrichtungen an diese Vorgaben halten, bekommen sie Förderung vom Staat. Wer mehr oder anders qualifiziertes Personal einstellen will, der muss die Kosten selbst tragen.

Solche Sorgen seien in den Einrichtungen der Caritas an der Tagesordnung sagt Hilke Gerber vom Verband katholischer Kindertageseinrichtungen in Bayern. Sie schildert einen Fall, wo eine Kita gerne eine Heilerziehungspflegerin einstellen möchte, um grundsätzlich für behinderte Kinder offen zu sein. Nach den bisherigen Anmeldungen müsste jedoch eine Erzieherin angestellt werden. Der Fall wird derzeit noch geprüft.

"Das sind verschiedene Berufsbilder"

Der ständige Zwang, den Personalschlüssel anzupassen, hat laut Koppold auch zur Folge, dass viele Erzieherinnen und Helferinnen nur befristete Verträge bekommen. Das sei nur ein Teil der prekären Arbeitsbedingungen, die dazu führten, dass viele den Beruf nicht ergreifen oder bald aufgeben würden. Etwa 1400 Euro netto verdient eine Fachkraft im ersten Jahr. Allerdings nur, wenn sie eine Vollzeitstelle bekommt, was selten genug der Fall ist und wenn sich ihr Arbeitgeber an die Tarifverträge hält.

Also doch mehr Anerkennung unüblicher Bildungswege? Grundsätzlich ja, wenn sie vergleichbar sind, sagt Koppold. Ein Studium sei nicht unbedingt die beste Voraussetzung. In München können sich Grundschullehrer mit dem zweiten Staatsexamen seit einiger Zeit in einer halbjährigen Weiterbildung zur Erziehungsfachkraft qualifizieren. Koppold ist skeptisch: "Das sind verschiedene Berufsbilder." In Nürnberg wurde die Münchner Idee trotzdem geprüft und schließlich abgelehnt. Denn: Die Grundschullehrer sind teuer. Sie werden in einen Tarif vergleichbar mit Leitungspersonal eingestuft. Das können gerade kleinere Kitas sich nicht leisten.

Die amtierende Staatsregierung plant nun, die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu verbessern. Ein entsprechendes Gesetz tritt zum 1. August, gleichzeitig mit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, in Kraft. Manuela Schmautz wird das nichts nützen. Sie hat in Deutschland studiert. Wenn die 46-Jährige nun tatsächlich, wie es ihr das Arbeitsamt rät, noch eine Ausbildung zur Erzieherin macht, wird ihr wenigstens der praktische Teil erlassen. Jedoch nicht wegen ihrer zehn Jahre Berufserfahrung, sondern weil sie selbst drei Kinder hat.

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