F-16-Unfall:Betonbomben gesucht

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  • Nach dem Absturz des US-Kampfjets am östlichen Rand von Oberfranken wird nach Zementbomben in der Gegend gesucht.
  • Diese sind zwar Übungsbomben und nicht mit scharfer Munition geladen, können jedoch bei einer Explosion zu Verletzungen führen.

Von Olaf Przybilla, Prebitz

Die Katastrophe, sagt Hans Freiberger, kam verdammt nahe. Die Stelle im Wald, wo der US-Kampfjet am Dienstag abgestürzt ist, liegt kaum einen Kilometer weit entfernt vom Dorf Prebitz am östlichen Rand von Oberfranken. Am Tag danach aber reden viele im Ort nicht ganz zuletzt: über seine Socken, die Socken des Bürgermeisters Hans Freiberger. Der will aber erst mal loswerden, dass er unglaublich stolz ist auf seine Gemeinde. Wie die Feuerwehr reagiert hat, dass niemals Panik ausgebrochen ist, obwohl am Anfang ständig neue Meldungen reinkamen, was der abgestürzte Kampfjet angeblich geladen hatte, was da alles explodieren könnte. Aber es sind alle ruhig geblieben und haben einfach ihre Arbeit gemacht.

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Freiberger war selbst mal Kommandant der Ortsfeuerwehr. Er dachte zunächst an ein Kleinflugzeug, das da abgestürzt ist, und machte sich spontan mit dem Unimog auf den Weg in den Wald. Mit dem Wasser aus dem Tank des Unimogs hatte er gerade Blumen gegossen am Prebitzer Kindergarten. Im Wald schaffte er es dann genau bis zu der Stelle, wo der Fallschirm des Piloten im Baum hing. Seine ehemaligen Kollegen von der Feuerwehr kamen mit dem neuen Feuerwehrauto bis 50 Meter an die Absturzstelle. Dann wurde das mit dem "abgestürzten US-Kampfjet" gemeldet, da mussten also die Spezialisten vom US-Militär aus Grafenwöhr ran. Also alle wieder zurück an den Waldrand.

Die Sache mit den Socken

Die Sache mit den Socken? Der Bürgermeister trug zwei verschiedene an diesem Tag, eine davon in einem ziemlich schrillen rosa. Und zwar weil er im Kindergarten Sandalen trug, dort seine Feuerwehruniform anziehen musste, in seine Stiefel aber nur mit Socken rein- und auch wieder rauskommt. Sonst geht das nicht. Er fand in der Eile aber nur einen Socken, also lieh ihm eine Frau aus dem Ort einen von ihr. "Das sind manchmal so ganz banale Dinge, die aber plötzlich unheimlich wichtig werden", sagt der Bürgermeister.

Das Wichtigste aber: Zwar sind einige Feuerwehrleute vom Militärflughafen in Grafenwöhr wegen der Hitze an dem Flugzeugwrack kurz zusammengeklappt, wirklich Gravierendes aber ist bei dem Unglück nicht passiert. Der 27-jährige Pilot konnte sich mit dem Schleudersitz und einem Rettungsschirm in Sicherheit bringen. Die beiden Kerosin-Reservetanks, die er abgeworfen hatte, um das abschmierende Flugzeug leichter zu machen, wurden inzwischen in der Nähe von Eschenbach in der Oberpfalz geborgen. Bleiben nur noch die Übungsbomben, die der Pilot auch über dem Waldstück an der Grenze zwischen der Oberpfalz und Oberfranken abgeworfen hat und die für so viel Verwirrung gesorgt haben beim Absturz.

Fußgänger könnten die Bomben finden und anfassen

Völlig ungefährlich sind auch diese Zementbomben nicht. Sie haben einen kleineren Zünder, der für Rauch sorgen soll, wenn die Übungsgranaten am Boden einschlagen. Damit der Pilot erkennt, wo die Betonbombe genau niedergegangen ist. Normalerweise tun sie das auf unbemanntem Gebiet auf dem Übungsareal in Grafenwöhr. Aber jetzt sind sie eben auf einem Gebiet abgegangen, auf dem Fußgänger sie finden und anfassen könnten. Am Mittwoch wurden noch vier Bomben vermisst. Die Gefahr aber, dass jemand in der Gegend immer noch nicht mitbekommen hat, um was es sich dabei handeln könnte, erscheint überschaubar.

Zuständig für die Bergung des Wracks sind längst andere. War schon ein merkwürdiges Gefühl, sagt Freiberger, als plötzlich die Bundeswehr kam und das Areal zum militärischen Sperrgebiet erklärte. Und dort jetzt auch in der Nacht patrouilliert. Andererseits erfreulich für den Ort: "Unsere Arbeit ist getan", sagt der Bürgermeister. Alle kleineren Schwelbrände im Wald sind gelöscht, gesperrt dürfte das Areal aber noch für etwa eine Woche bleiben, bis das Wrack von Spezialkräften der US-Army geborgen und der Boden dekontaminiert ist. Warum die F-16, aus Rheinland-Pfalz kommend, abgestürzt ist, wird wohl erst in zwei bis drei Monaten feststehen, so lange dauert es in der Regel, bis ein Untersuchungsbericht angefertigt ist. Womöglich ist das Triebwerk ausgefallen. Aber das ist Spekulation.

"Alles richtig gemacht" habe der Pilot, sagt eine US-Militärsprecherin. Er hatte, als er technische Probleme bemerkte, zunächst in Nürnberg notlanden wollen, das aber nicht mehr geschafft. Wenn man überlege, sagt Freiberger, dass sich so ein Düsenflugzeug mehrere hundert Meter in einer Sekunde fortbewege, werde einem erst klar, "wie nahe wir dran waren an einer Katastrophe". In einem Jahr wollen sie das feiern in Prebitz, sagt der Bürgermeister. Dass eigentlich nichts passiert ist.

© SZ vom 13.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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