Süddeutsche Zeitung

Experten-Forderung:Steigerwald soll ins Verfahren

Heftige Kritik an Plänen Seehofers für Nationalpark Spessart

Die Kritik am Auswahlverfahren für den dritten Nationalpark in Bayern wird schärfer. "Bei der Gebietsauswahl sollten ausschließlich fachliche Kriterien den Ausschlag geben und nicht politische Erwägungen", sagt der Landschaftsplaner Norbert Panek. "Deshalb sollte die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf umgehend den fränkischen Steigerwald in das Auswahlverfahren einbeziehen." Panek zählt zu den renommiertesten Nationalpark- und Buchenwaldexperten Deutschlands, er ist Initiator des Nationalparks Kellerwald in Nordhessen und hat sich intensiv mit den alten Buchenwäldern im Steigerwald und im Spessart beschäftigt.

Mit vielen anderen Fachleuten teilt Panek die Überzeugung, dass für einen Laubwald-Nationalpark in Bayern ohnehin nur der Steigerwald, der am Schnittpunkt der drei fränkischen Regierungsbezirke liegt, und der unterfränkische Spessart in Frage kommen. Hier wie dort gibt weitläufige weitgehend naturbelassene Buchenwälder mit uralten Baumriesen, dazu zahlreiche einzigartige Tier- und Pflanzenarten, die nur in solchen Wäldern vorkommen. "Schon aus Gründen der Chancengleichheit hat es deshalb der Steigerwald verdient, dass auch er offiziell in die engere Auswahl gezogen wird", sagt Panek.

Im Steigerwald gibt es schon seit zehn Jahren Bemühungen für einen Nationalpark. Allerdings haben sich die Einheimischen in der Region darüber so zerstritten, dass Ministerpräsident Horst Seehofer den Steigerwald explizit als Nationalpark-Region ausschloss, als er im Juli 2016 ankündigte, dass es im Freistaat nach dem Nationalpark Bayerischer Wald und dem Nationalpark Berchtesgaden einen weiteren Nationalpark geben wird. Für Panek ist Seehofers Ausschluss ein Unding. Er bezieht sich dabei auf Umfragen, nach denen 65 Prozent der Bevölkerung im Steigerwald und dessen Umgebung für einen Nationalpark sind. Den Streit im Steigerwald nennt er einen "selbstinitiierten Dialogprozess". Zugleich verweist er darauf, dass "der offizielle Dialogprozess" von Umweltministerin Scharf im Spessart zumindest "massiven Widerstand" gegen einen Nationalpark dort provoziert habe. Tatsächlich nützt der Verein "Wir im Spessart" mit dem CSU-Politiker Peter Winter an der Spitze inzwischen jede Gelegenheit für Proteste gegen einen Nationalpark Spessart.

Auch die Grünen haben die Staatsregierung aufgefordert, den Steigerwald in das Auswahlverfahren einzubeziehen. "Der Steigerwald muss im Rennen bleiben", sagte der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses, Christian Magerl, am Freitag. "Seehofer muss endlich sein Nein zu einem Nationalpark Steigerwald aufgeben."

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SZ vom 06.03.2017 / cws
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