Finanzskandal:Katholische Kirche verliert Millionen durch Immobilienprojekte in den USA

Blick über Eichstätt im Altmühltal: Die Diözese hat im schlimmsten Fall ein Sechstel ihres Anlagevermögens verloren.

Blick über Eichstätt im Altmühltal: Die Diözese hat im schlimmsten Fall ein Sechstel ihres Anlagevermögens verloren.

(Foto: imago/Westend61)
  • Ein Mitarbeiter der Diözese Eichstätt soll Dutzende Darlehen an US-Firmen vergeben haben, ohne diese abzusichern. Der Schaden könnte sich auf bis zu 60 Millionen Dollar belaufen.
  • Die Geschäfte fielen auf, als Wirtschaftsprüfer im Zuge einer "Transparenzoffensive" Investitionen der Diözese in den USA überprüften.
  • Die Diözese hat Anzeige gegen den Mitarbeiter gestellt. Zwei Beschuldigte sitzen seit dem 29. Januar in Haft, die Staatsanwaltschaft München II ermittelt.

Von Nicolas Richter und Katja Riedel

Die katholische Kirche erlebt einen neuen Finanzskandal. Durch Investitionen in amerikanische Immobilienprojekte hat die bayerische Diözese Eichstätt schlimmstenfalls bis zu 60 Millionen Dollar verloren, das wäre ein Sechstel ihres kompletten Anlagevermögens. Die Diözese hatte nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR in mehr als 30 Fällen Kredite für Bauvorhaben in den USA vergeben, ohne diese etwa durch eine Grundschuld abzusichern. Offenbar hat der Fall einen kriminellen Hintergrund. Seit dem 29. Januar sind zwei Beschuldigte in Haft, die Staatsanwaltschaft München II führt die Ermittlungen.

Die Diözese hatte das Strafverfahren selbst ausgelöst, indem sie im Juli 2017 Anzeige gegen einen früheren Mitarbeiter sowie gegen einen Investor erstattete wegen Verdachts auf Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Im Mittelpunkt steht ein damaliger Angestellter, der sich um die Geldanlagen der Diözese kümmerte. Zwei Jahre lang vergab er Dutzende Darlehen an US-Firmen, die mit Immobilienprojekten warben. Sein Ansprechpartner auf US-Seite war ein Deutscher, mit dem er seit Jahren bekannt ist. Womöglich wirkten beide Männer zusammen, um die Diözese zu schädigen.

Die dubiosen Geschäfte fielen erst auf, als der Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke, im Zuge einer "Transparenzoffensive" Ende 2015 anordnete, die Bücher seines Kirchenbezirks zu prüfen. Er will damit erstmals das Vermögen nach "anerkannten und professionellen Standards erfassen". Im Frühjahr 2016 entdeckten die Wirtschaftsprüfer etliche Ungereimtheiten bei Investitionen in den USA. Im Juli 2017 schließlich erstattete die Diözese Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München II.

Am Montag dieser Woche ging die Diözese mit dem Fall an die Öffentlichkeit, Anlass war offenbar die Festnahme der beiden Hauptverdächtigen in der vergangenen Woche. Es sei zwingend erforderlich, "dass eine umfassende Aufarbeitung und gegebenenfalls auch Ahndung der Vorgänge durch die dazu berufenen staatlichen Stellen erfolgt", erklärte Bischof Hanke in einer Pressemitteilung.

Finanzchef überfordert, Aufsichtsgremium überfordert oder nicht eingeweiht

Damit treibt die Diözese zwar aus eigener Initiative die Aufklärung voran. Trotzdem wirft der Fall unbequeme Fragen darüber auf, wie inkompetent die Kirche mit ihrem noch immer beträchtlichen Vermögen agiert. Es ist nicht das erste Mal, dass die Kirche dilettantisch mit ihren Finanzanlagen umgeht und deswegen große Summen verliert.

Nach Darstellung der Diözese Eichstätt war ihr eigener Finanzchef im fraglichen Zeitraum fachlich von seiner Aufgabe überfordert. Es habe sich um einen Geistlichen "ohne tiefergehende wirtschaftliche Kenntnisse" gehandelt, heißt es in der Strafanzeige. Er hat sein Amt inzwischen aufgegeben. Offenbar war das zuständige Aufsichtsgremium, der Diözesanvermögensverwaltungsrat, ebenfalls überfordert oder gar nicht eingeweiht. Die Diözese hat diesen Rat mittlerweile neu besetzt, diesmal überwiegend mit Wirtschaftsexperten.

Die Verteidiger der beiden Beschuldigten konnten sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern, da sie das Material selbst noch nicht gesichtet hatten oder sich mit ihren Mandanten beraten mussten. Ob sie das Finanzdebakel tatsächlich allein zu verantworten haben, und welche Rolle kirchliche Amtsträger dabei spielten, muss die Justiz noch klären.

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