Amtliche Statistik:Sprunghafter Anstieg der Kirchenaustritte

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Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern musste 2021 einen massiven Mitgliederschwund hinnehmen. Ähnlich scheint die Entwicklung aber auch bei den Katholiken zu sein.

Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern musste 2021 einen massiven Mitgliederschwund hinnehmen. Die am Mittwoch in München veröffentlichte amtliche Statistik verzeichnet 36 580 Kirchenaustritte, fast 10 000 mehr als im Vorjahr. Das bedeutet einen Anstieg von mehr als 37 Prozent. Die Zahl der Mitglieder ging binnen Jahresfrist um rund 100 000 auf etwas mehr als 2,2 Millionen zurück. Für die katholische Kirche liegen noch keine Zahlen vor. Diese werden erst im Sommer bekanntgegeben. Bisher veröffentlichte Daten aus mehreren Städten und Gemeinden im Freistaat weisen allerdings ebenfalls auf einen sprunghaften Anstieg bei den Austritten hin. Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm vermutet dahinter einen "Nachholeffekt des Corona-Lockdowns im Vorjahr", in dem 26 590 Menschen der Landeskirche den Rücken gekehrt hatten. 2019 lag dieser Wert bei fast 32 400.

Eine ebenfalls am Mittwoch publizierte repräsentative Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Gründen für Kirchenaustritte seit 2018 weist laut Mitteilung darauf hin, dass nur eine Minderheit dafür einen konkreten Anlass gehabt habe. Bei den meisten gehe diesem Schritt ein längerer Prozess der Entfremdung voraus. Bedford-Strohm sagte, die Menschen müssten den christlichen Glauben als persönliche Bereicherung und als relevant für ihr Leben erfahren. Dafür gebe es kein Patentrezept. "Aber wir sind mitten in einem großen Umbau und Neubau der Kirche und probieren vieles aus." Die Kirchenleitung habe die Gemeinden ausdrücklich ermutigt, mit neuen Formen kirchlichen Lebens zu experimentieren. Das Spektrum reicht den Angaben zufolge vom mobilen Fahrrad-Cafe am Friedhof bis zu gemeindeübergreifenden Veranstaltungen für Eltern und Kinder "mit viel Gemeinschaft, Essen und geistlichem Input". Aktuell würden 15 Projekte unterstützt, für weitere 80 sei ein Förderinteresse angemeldet worden. "Wo ehrenamtliche Mitarbeitende ernst genommen werden und Freiraum für Neues ermöglicht wird, dort fliegt der Fisch", sagte Michael Wolf, Referent für Kirchen- und Gemeindeentwicklung im Landeskirchenamt. Anders als bisher hat sich die EKD mit ihren Gliedkirchen diesmal zur Veröffentlichung von Zahlen zu ihrer Mitgliederentwicklung im Jahr 2021 bereits im März entschlossen. Ein Teil der Angaben beruht auf Schätzungen, das gilt allerdings nicht für Bayern. Die katholische Kirche gibt regelmäßig ihre konsolidierten Austrittszahlen des Vorjahres im Sommer des Folgejahres bekannt.

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