Erster Bayerischer Krebsbericht:"Krebs ist eine Alterskrankheit"

Krebs

Bei den Männern war die absolute Zahl der Krebsneuerkrankungen im Jahr 2010 um fast 400 Fälle höher als bei den Frauen.

(Foto: SZ-Grafik)

Eine Frage der Lebensführung? Die Häufigkeit von Krebserkrankungen nimmt zu und variiert nach Alter, Geschlecht und sogar Region. Das Risiko, daran zu sterben, sinkt jedoch - und hängt laut Gesundheitsminister Huber auch vom eigenen Verhalten ab.

Von Dietrich Mittler

In Bayern leben mindestens 350 000 Menschen mit der Diagnose Krebs, jährlich kommen circa 68 000 Neuerkrankungen hinzu, und jährlich sterben im Freistaat etwa 30 000 Menschen an dieser Krankheit. Im Jahr 2011 waren es insgesamt 31 746 Todesfälle. "Die absolute Zahl der Krebserkrankungen hat zugenommen", sagte Gesundheitsminister Marcel Huber am Mittwoch bei der Präsentation des ersten Bayerischen Krebsberichts in München.

Der Bericht, der künftig in regelmäßigem Abstand erscheinen soll, richtet sich gezielt auch an die Betroffenen selbst sowie an deren Angehörige, um ihnen geeignete Handlungsoptionen aufzuzeigen. "Das Risiko sinkt, an Krebs zu sterben, der medizinische Fortschritt zeigt seine Früchte", machte ihnen Huber Mut. Dennoch gelte: "Die Diagnose Krebs ist für den Erkrankten ein Schicksalsschlag, aber auch für sein Umfeld."

Doch, so betonten sowohl der Minister als auch ihn begleitende Experten, der Einzelne habe es vielfach selbst in der Hand, ob er an Krebs erkrankt oder nicht. Und ob er, wenn er denn erkrankt, wieder gesund wird - oder nicht. Fast mehr noch als Umweltfaktoren, wie etwa Luftverschmutzung, spielt laut Huber die persönliche Lebensführung eine Rolle.

Und dazu zähle nicht nur der Verzicht auf Tabakkonsum und ein vernünftiger Umgang mit Alkohol. "Durch Bewegung und Sport kann das Risiko für eine Krebserkrankung um bis zu 30 Prozent verringert werden", sagte Huber. Dabei werde zum einen schädliches Übergewicht abgebaut, zum anderen verbessere sich der Stoffwechsel wesentlich.

Auf die heilende Wirkung des Sports will Huber deshalb noch bis zum 20. April mit einer Themenwoche "Aktiv gegen Krebs" hinweisen, die landesweit das Bewusstsein schärfen soll. Bereits 30 Minuten an moderater Bewegung seien ein guter Schritt in Richtung Krebsvorsorge.

Sport kann auch bei bereits erkrankten Menschen helfen

Auch bei bereits an Krebs erkrankten Menschen, so hätten Studien ergeben, habe Sport eine die Heilung fördernde Wirkung und verhindere im besten Fall sogar das Wiederauftreten der Krankheit, sagte der Minister. Diese Einschätzung teilt auch Günter Schlimok, der Präsident der Bayerischen Krebsgesellschaft: "Noch vor wenigen Jahren haben Ärzte ihren Krebspatienten geraten, sich zu schonen. Diese Zeiten sind aber definitiv vorbei", sagte er.

Doch so wichtig ein gesunder Lebensstil auch ist: Mit dem fortschreitenden Alter, so machen die vorliegenden Zahlen klar, steigt das Krebsrisiko signifikant. "Krebs ist eine Alterskrankheit", sagte Huber. Insbesondere bei bösartigen Tumoren des Magens oder der Harnblase ist das Erkrankungsalter im Schnitt eher hoch - es liegt bei mehr als 70 Jahren.

Für die jüngeren Menschen oder jene im mittleren Alter gibt es aber deshalb längst noch keine Entwarnung. Insbesondere beim "Schwarzen Hautkrebs" treten die Erkrankungen bereits in mittleren Lebensaltern auf, wie es im neuen bayerischen Krebsbericht heißt. Gleiches gilt beim Brustkrebs. Ein Tumor am Hoden trifft oft auch jüngere Männer. Hier liegt das durchschnittliche Erkrankungsalter bei bereits 38 Jahren.

Ein Gefälle zwischen Oberbayern und der Oberpfalz

Die häufigste Krebsart in Bayern ist bei den Frauen nach wie vor der Brustkrebs (32 Prozent aller Neuerkrankungen). Im Jahr 2010 diagnostizierten die Ärzte hier 10 067 neue Fälle. An zweiter Stelle steht bei den Frauen der Darmkrebs (3995 Neuerkrankungen), gefolgt vom Lungenkrebs mit 1973 Fällen.

Bei den Männern war die absolute Zahl der Krebsneuerkrankungen im Jahr 2010 um fast 400 Fälle höher als bei den Frauen. Bei ihnen, so zeigt der Bericht auf, "liegt das Prostatakarzinom an der Spitze der Krebsneuerkrankungen" (8508 Fälle). An zweiter Stelle kommt der Darmkrebs mit 5107 Fällen, gefolgt vom Lungenkrebs mit 3933 Neuerkrankungen.

Bei der Auswertung der Zahlen fielen den Gesundheitsstatistikern auch regionale Unterschiede in Bayern auf. Besonders auffällig ist bezüglich der Sterberate dabei das Gefälle zwischen Oberbayern und der Oberpfalz. Starben in den Jahren von 2006 bis 2010 - auf 100 000 Einwohner gerechnet - 182 Krebspatienten in Oberbayern, so waren in der Oberpfalz gleich 208 Verstorbene zu beklagen. Bei den Frauen waren die Unterschiede etwas geringer: "Die Raten lagen zwischen 120 Todesfällen (Unterfranken) und 127 Todesfällen (Oberpfalz) je 100 000 Einwohner", so der Bericht.

Wird die Krebsvorsorge nicht ausreichend genutzt?

Um die Versorgung von Krebspatienten, so glaubt Gesundheitsminister Huber, ist es in Bayern gut gestellt - im bundesweiten Vergleich gebe es im Freistaat "ein besonders eng geknüpftes Versorgungsnetz", das sich rund um die Tumorzentren in Augsburg, Bayreuth, Erlangen-Nürnberg, München, Regensburg und Würzburg spanne. "Gleichwohl", so räumt aber der neue Krebsbericht ein, "gibt es Verbesserungspotenzial, denn noch immer sterben in Bayern ähnlich wie deutschlandweit mehr als 30 Prozent der Betroffenen innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnosestellung an ihrer Krebserkrankung."

Nachbesserungsbedarf sehen Huber und seine Experten indessen bei der Krebsvorsorge - und das liege weniger am vorliegenden Angebot als vielmehr an der Nachfrage. Nur die Hälfte der in Betracht kommenden Frauen im Freistaat nutze die Krebsvorsorge, bei den Männer mache sogar nur ein Viertel davon Gebrauch.

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