Süddeutsche Zeitung

Erneut Hygienemängel:Altdorfer Großbäckerei muss Produktion stoppen

Erneut haben die Behörden Hygienemängel bei der Kontrolle einer bayerischen Großbäckerei entdeckt. Ausgerechnet bei dem Betrieb, der für Müller-Brot die Wiesn-Brezen liefert.

Wolfgang Wittl, Altdorf

Über mangelnde Öffentlichkeit brauchte sich die Großbäckerei Heinz zuletzt schon nicht zu beklagen - das Münchner Oktoberfest macht's möglich: In halbseitigen Artikeln wurde das Unternehmen von lokalen Zeitungen als Lieferant der Wiesn gewürdigt. Offiziell stammen die Oktoberfest-Brezen zwar von Müller-Brot, aber da das Münchner Unternehmen nach dem Hygieneskandal mit einhergehender Insolvenz immer noch nicht selbst produziert, ist es auf andere Hersteller angewiesen. Einer davon ist die Bäckerei-Konditorei Heinz KG aus Altdorf bei Landshut, die allein für das Oktoberfest 500.000 Brezen zubereiten sollte. Doch nun gerät auch die niederbayerische Großbäckerei wegen Hygieneverstößen in die Schlagzeilen.

Wie das Landratsamt Landshut am Mittwoch mitteilte, werde gegen eine Großbäckerei aus dem Landkreis ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen "Mängeln bei der Prozess- und Betriebshygiene, Reinigungsmängeln sowie Mängeln bei der Dokumentationspflicht" eingeleitet.

Lebensmittelkontrolleure sowie Mitarbeiter des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hätten am Freitag verschmutzte Fußböden, verschlissene Arbeitstische und undichte Kühlraumabdichtungen beanstandet, teilte der Leitende Veterinärdirektor Wolfgang Ullrich mit. Die Produktion an den beiden betroffenen Standorten sei vorübergehend gestoppt worden, habe aber noch am selben respektive folgenden Tag wieder aufgenommen werden können, da es sich um keine außergewöhnlich schweren Mängel gehandelt habe. Nach SZ-Informationen sollen die Kontrolleure jedoch auch Stockflecken und Fliegen entdeckt haben.

Die Bäckerei Heinz erklärte, man habe "sofort alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen". Eine Gefährdung der Verbrauchersicherheit habe nicht bestanden, trotzdem habe man auf einen Verkauf der Waren verzichtet - auch bei den für das Oktoberfest gestimmten Brezen. Allerdings habe Franz Höflinger, einer der neuen Eigentümer von Müller-Brot, ohnehin darauf bestanden, dass nicht der geringste Anschein entstehe, eine dieser Brezen könne auf die Wiesn gelangen, sagte dessen Unternehmenssprecher Torsten Fricke. Der Fall zeige daher, "dass das Kontrollsystem der Firma Höflinger-Müller funktioniert" . Insgesamt seien mehrere Tagesproduktionen vernichtet worden, etwa 50 Paletten.

Die Bäckerei Heinz beschäftigt nach eigenen Angaben etwa 220 Mitarbeiter und beliefert mehr als 200 Großkunden, zu denen seit Monaten auch das Filialnetz von Müller-Brot zählt. Die Produktionsstätte von Müller-Brot in Neufahrn bei Freising war Anfang des Jahres wegen gravierenden Ungezieferbefalls geschlossen worden, zwei Wochen später meldete das Unternehmen unter dem damaligen Eigentümer Klaus Ostendorf Insolvenz an.

Im April übernahmen Evi Müller, die Tochter des Firmengründers, sowie der Münchner Bäcker Höflinger das Filialnetz. Bis die Großbäckerei wieder eigene Waren herstellen kann, lässt sie bei anderen Firmen wie Heinz produzieren. "Wir arbeiten deshalb eng mit unseren Lieferanten und den Aufsichtsbehörden zusammen, um eventuelle Schwachpunkte schnell zu erkennen, Fehler abzustellen und so nachhaltig Hygiene und Sauberkeit auf höchstem Niveau zu garantieren", betonten die neuen Eigentümer vor wenigen Wochen.

Reinhard Heinz, Inhaber der gleichnamigen Großbäckerei, bedauerte am Mittwoch "die Verunsicherung unserer Kunden". In mehr als 50 Jahren sei es "zu keinem vergleichbaren Zwischenfall gekommen". Höflinger-Müller erklärte, man werde dennoch an der Zusammenarbeit mit Heinz festhalten - auch an der Produktion der Wiesn-Brezen.

Die Brezen in der Firma Heinz werden nach einem Originalrezept von Müller hergestellt, auch die Zutaten kommen von der Münchner Bäckerei. Firmeninhaberin Evi Müller hatte vor dem Wiesn-Start sogar geäußert, die Brezen in der angemieteten Bäckerei bei Landshut würden von "unseren eigenen Bäckern" hergestellt. Dies sei wohl missverständlich dargestellt worden, sagte Firmensprecher Fricke am Mittwoch. Höflinger-Müller achte zwar auf die Qualität, doch die Verantwortung liege bei der Bäckerei Heinz. Deren Inhaber hatte im Landshuter Wochenblatt erklärt, die Arbeit in seinem Betrieb werde täglich von Mitarbeitern des Partners aus München überwacht, "es gibt da hohe Ansprüche und klare Vorgaben", sagte Heinz. Das Gespräch fand am Freitag statt, dem Tag der Kontrolle.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1479894
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.09.2012/infu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.