Süddeutsche Zeitung

Ermittlungen in Nürnberg:Zoo droht weitere Durchsuchung

Salzwasser, das aus der Lagune austritt, Erfrierungen bei Affen: Die Mängelliste im Tiergarten Nürnberg wird immer länger. Die Staatsanwaltschaft ermittelt erneut. Das trübt auch die Freude über das gesunde Delfinkalb.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Das Nürnberger Delfinkalb ist inzwischen fünf Wochen alt, es gedeiht prächtig, seit der Geburt ist es 40 Zentimeter gewachsen. So stabil entwickelt sich das Junge, dass Tiergartendirektor Dag Encke überlegt, den jungen Delfin womöglich noch vor Weihnachten im Delfinarium - also in der alten Halle - dem Publikum zu zeigen. Ein Schritt, den man ursprünglich erst im Frühjahr machen wollte. Bedenkt man die Misere von toten Delfinkälbern in Nürnberg vor dem Bau der Lagune, bedenkt man auch, dass Encke im Sommer selbst noch von "Angst" vor der nächsten Delfingeburt gesprochen hatte, könnte man eine euphorische Stimmung erwarten im Tiergarten. Dem aber ist nicht so.

Natürlich, sagt Encke, freue er sich über die Entwicklung des Tieres. Immerhin ist es in Nürnberg 16 Jahre nicht gelungen, einen jungen Delfin aufzuziehen. Andererseits müsse er dieser Tage mit dem Eintreffen der Staatsanwaltschaft rechnen, mit einer Durchsuchung wie vor zwei Jahren. Damals schon ging es den Ermittlern um die Lagune. Und zwar um die Frage, wie es passieren konnte, dass Salzwasser aus der Lagune in ein Naturschutzgebiet geflossen ist. Auf 1000 Quadratmetern ging dort die Flora zugrunde, darunter viele alte Bäume.

60 größere Gewächse wurden Opfer des Lagunensalzes

Die Liste der Schäden würde tatsächlich eher auf einen hemmungslosen Bauherren schließen lassen als auf eine städtische Institution, die sich den Naturschutz auf die Fahne geschrieben hat: "Hainbuche, 62 Zentimeter Umfang, abgestorben. Eiche, 82 Zentimeter Umfang, zu 90 Prozent geschädigt. Birke 110 Zentimeter Umfang, abgestorben." Insgesamt 60 größere Gewächse wurden Opfer des Lagunensalzes. Bis heute könne man nicht sagen, wer auf der Baustelle fahrlässig gehandelt hat, sagt Encke. Und auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden eingestellt.

Nach einer Beschwerde der Tierschutzorganisation Peta bei der Generalstaatsanwaltschaft wurden diese nun aber wieder aufgenommen. Es werde neu vorgebracht, dass immer noch Salz in die Natur austrete, sagt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. In einem zweiten Verfahren gehe es darüber hinaus um die Frage, ob der Zoo strafrechtlich für Erfrierungen bei Pavianen verantwortlich zu machen ist.

Deshalb drohe Nürnbergs Tiergarten nun eine weitere Durchsuchung, sagt Encke. Was das Verfahren wegen Bodenverunreinigung betrifft, sei er freilich entspannt: Nachdem man den Wasserspiegel im Lagunenbecken abgesenkt hat, trete kein Salz mehr aus. Meldungen, wonach man zur Reparatur einer undichten Fuge die Lagune lange schließen müsse, seien falsch. Und trotzdem: Die Freude über den gesunden Jungdelfin hält sich derzeit in Grenzen im Nürnberger Zoo.

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SZ vom 09.12.2014/lime
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