Nachdem ein Mann im Juli 2019 aus der Gondel eines Riesenrads bei Herzogenaurach gestürzt und seinen schweren Verletzungen erlegen ist, muss ein Schausteller ins Gefängnis. Wegen fahrlässiger Tötung verurteilte das Amtsgericht Erlangen den 63-Jährigen zu 14 Monaten Haft ohne Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach Angaben von Gerichtssprecherin Birgit Griem hat der verurteilte Schausteller Rechtsmittel eingelegt. Er hatte vor Gericht zu den Vorwürfen geschwiegen.
Zu dem Unglück war es auf dem Open Beatz Festival gekommen, einem Musikfest für elektronische Musik in der Nähe von Puschendorf. Gemeinsam mit seiner Partnerin hatte ein 31 Jahre alter Mann aus Kolumbien dort am frühen Abend des 20. Juli 2019 die Gondel eines Riesenrads, das auf dem Festivalgelände aufgebaut war, betreten. Wenig später war er vor den Augen seiner Partnerin aus 25 Metern Höhe in die Tiefe gestürzt und sechs Stunden später gestorben. Der Mann hatte sich eigens für das Festival auf den Weg von Kolumbien in den Kreis Erlangen-Höchstadt gemacht. Aus der Gondel hatte er laut Anklage nur fallen können, weil deren Sperrbolzen nicht sachgemäß eingebaut, die Türen nicht richtig schlossen und auf Gegendruck nach außen aufgegangen waren.

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Die Haftstrafe für den Schausteller ist bereits das zweite Urteil in dem Fall. Anfang November war ein TÜV-Mitarbeiter ebenfalls am Amtsgericht Erlangen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Im Gegensatz zum Schausteller hatte er zu Prozessbeginn einen schweren persönlichen Fehler eingeräumt. Wie von der Staatsanwaltschaft angeklagt, habe er dem Riesenrad tatsächlich Mängelfreiheit attestiert, obwohl es noch gar nicht vollständig aufgebaut gewesen sei. So waren etwa die Gondeln nicht angebracht, der TÜV-Mann aber nahm das Riesenrad trotzdem als technisch einwandfrei ab. Das alles tue ihm unendlich leid, hatte er gesagt. Der Richter hatte ihm attestiert, seine "Berufsehre mit Füßen" getreten - und die Verlässlichkeit, für die der TÜV stehe, "auf Gröbste enttäuscht" zu haben.
Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert
Dem Schausteller attestierte das Gericht nun, er habe wissen müssen, dass der TÜV-Bericht nicht mit rechten Dingen entstanden sei - habe aber davor sowie vor erkennbaren Mängeln am Riesenrad aus wirtschaftlichen Erwägungen die Augen verschlossen. Nachdem der 63-Jährige - im Gegensatz zum Ingenieur vom TÜV - keinerlei Schuldeinsicht oder Reue gezeigt habe, sei er mit Haft ohne Bewährung zu bestrafen, urteilte das Schöffengericht.
Die Verteidiger des Schaustellers hatten auf Freispruch plädiert. So sei der Schausteller lediglich der Vermittler des Riesenrads gewesen. Bei anderen Beteiligten sahen sie deutliches Fehlverhalten, so auch beim Opfer des Unglücks. Wie Gerichtssprecherin Griem bestätigt, wollen Augenzeugen gesehen haben, wie der 31-Jährige in der Gondel getanzt und sich möglicherweise mit Absicht gegen die Gondeltür geworfen haben soll.
Kurz nach dem Unglück waren die Ermittler zunächst von einem tragischen Unfall ausgegangen. Erst später beschuldigte die Staatsanwaltschaft mehrere Personen, dass in Franken im Juli 2019 ein Riesenrad in Betrieb gegangen ist, für das weder eine Ausführungsgenehmigung noch das notwendige Prüfbuch vorhanden gewesen war. Sie hatte daraufhin vier Männer angeklagt: den Betreiber des Riesenrads und einen seiner Mitarbeiter, beide aus Frankreich, beide allerdings für die Ermittlungsbehörden nicht greifbar; den Schausteller aus Rheinland-Pfalz, der nun vom Schöffengericht verurteilt worden ist, sowie einen Mitarbeiter vom TÜV.