Erlangen:In diesem Imbiss essen Bedürftige kostenlos

Erlangen: Klare Aussage: Im Imbiss "Cigköftem Erlangen" sind alle willkommen - auch Gäste ohne Geld.

Klare Aussage: Im Imbiss "Cigköftem Erlangen" sind alle willkommen - auch Gäste ohne Geld.

(Foto: privat)

Im "Cigköftem Erlangen" haben Menschen mit sehr wenig Geld freie Speisenauswahl - ganz ohne Steuerbescheid oder Dokument vom Sozialamt.

Von Olaf Przybilla

Das Schild hängt unauffällig an der Außenscheibe, fast könnte man es übersehen. Aber genau so wollten das Hasan Özdemir und Enes Gencalioglu: bitte keine Marktschreierei, kein karitatives Schaut-alle-mal-her, kein aufdringlicher Wohltätigkeitsgestus. Dass sich ihre Aktion dort, wo sie es wissen sollten, trotzdem herumsprechen wird, dessen waren sie sich sicher. Bei den beiden Imbissbetreibern essen Bedürftige mitten in Erlangen kostenlos.

Es bedarf keines Steuerbescheids, keines Dokuments vom Sozialamt, keiner Empfehlung vom Sozialarbeiter. Im "Cigköftem Erlangen" sagen Bedürftige einfach, dass sie bedürftig sind - und haben anschließend freie Speisenauswahl.

Ihre Erfahrungen sind ausschließlich positiv, sagt Gencalioglu. Klar fragen gerade in einer Universitätsstadt auch mal Studenten, wie weit denn der Begriff "Bedürftigkeit" gefasst sei. Dann aber bekämen sie eben die passende Antwort. "Ich habe ja selbst studiert", sagt der 29 Jahre alte Wirtschaftsingenieur, "und musste auch mit 400 Euro im Monat klarkommen."

Bedürftigkeit ist etwas anderes. Obdachlose kommen in den Imbiss in der Nähe von Schlosspark und Unibibliothek, auch die Plastikflaschensammler von Erlangen und andere, die am Rand dieser womöglich wohlhabendsten Stadt Nordbayerns leben.

Erlangen, das ist Siemens und die größte Uni Frankens. Die Zahl derer, die kaum eine Möglichkeit haben teilzunehmen am leichten Leben einer Akademikerstadt, ist überschaubar. Würden die beiden so ein Schild auch in Nürnberg-Süd raushängen, im historischen Industriekern Frankens? Schwer zu beurteilen, sagt Gencalioglu, umso mehr aber kümmere man sich um jene, die womöglich Hemmungen haben, in einer Stadt wie Erlangen zuzugegeben, dass sie nichts zu essen haben. Wenn Gencalioglu einen Plastikflaschensammler sieht, sagt er ihm, wo sein Imbiss ist.

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