Erfolgreiche SPD:Das rote Imperium

Rathaus von Memmingen

Das Rathaus von Memmingen.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrandt/dpa)

Markus Kennerknecht hat die Wahl zum Oberbürgermeister von Memmingen klar gewonnen. Damit setzt er die langjährige Tradition der Sozialdemokraten im Rathaus fort.

Von Stefan Mayr, Memmingen

Es ist Punkt 19 Uhr, als am Sonntag im Foyer des Memminger Rathauses Jubel ausbricht. Der Raum ist überfüllt mit Menschen, unter den mächtigen Mauerbögen brandet rhythmisches Klatschen auf. Die Ovationen gelten Markus Kennerknecht. Der 47-jährige Ingenieur hat soeben das Rathaus betreten, seinen künftigen Arbeitsplatz. Noch sind zwar nicht alle Stimmbezirke ausgezählt, doch der Vorsprung des SPD-Kandidaten ist dermaßen deutlich, dass seine Unterstützer bereits den Sieg feiern. Als wenige Minuten später das vorläufige Endergebnis auf der Leinwand erscheint, gibt es die zweite Jubel- und Applaus-Welle. Kennerknecht strahlt und winkt, er hat 59,23 Prozent der Stimmen erhalten und damit die Oberbürgermeister-Stichwahl gegen Robert Aures von der CSU klar gewonnen.

Der Sieg Kennerknechts ist keine Überraschung, denn schon im ersten Wahlgang hatte er mit 16 Prozentpunkten Vorsprung geführt. In seinen ersten Interviews sprach das künftige Stadtoberhaupt von einer "riesigen Verantwortung" in einer "riesengroßen Verwaltung mit 2500 Mitarbeitern", die nun auf ihm ruhe. Tatsächlich ist dem Sieger bei aller Freude auch anzusehen, dass er großen Respekt vor seiner neuen Aufgabe hat. Dabei hat der verheiratete Vater zweier Kinder Erfahrung in einer städtischen Verwaltung: Der studierte Bauingenieur und Projektmanager ist derzeit als Stadtbaumeister der Stadt Immenstadt tätig. Zuvor war er auch in der freien Wirtschaft tätig - unter anderem als Projektleiter in London und Basel.

Auch sein Konkurrent hatte reichlich Auslandserfahrung. Der Ministerialrat Robert Aures war für den Freistaat in der Landesvertretung mehrere Jahre lang in Brüssel tätig, derzeit ist er Referatsleiter im Gesundheitsministerium. Die CSU hatte große Hoffnungen in den 47-jährigen Karrierebeamten gesetzt. Sie sah die Chance, den OB-Sessel nach 50 Jahren in SPD-Hand den Sozialdemokraten entreißen zu können. Doch am Ende musste sich der Niederbayer dem gebürtigen Kemptener geschlagen geben. "Letztendlich musste ich nicht nur gegen Kennerknecht, sondern auch gegen Ivo Holzinger antreten", sagte Aures nach der Auszählung der Stimmen. Er sprach von einem "Amtsbonus" des noch amtierenden Oberbürgermeisters Ivo Holzinger, von dem dessen SPD-Parteikollege Kennerknecht profitiert habe.

Ivo Holzinger durfte aus Altersgründen nicht mehr kandidieren, der 68-Jährige tritt am 21. November nach 36 Amtsjahren als dienstältester OB Deutschlands ab. Zuvor wird er in einem Festakt noch zum Ehrenbürger ernannt. Seine Ära wird dann zu Ende gehen, die Dauerregentschaft der SPD wird aber fortgesetzt. "Ich freue mich sehr, dass die Bürger Herrn Kennerknecht so deutlich ihr Vertrauen geschenkt haben", sagte Holzinger. Dies sei eine "gute Voraussetzung" für den neuen Mann.

Markus Rinderspacher, der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, twitterte am Sonntag: "Kennerknecht wird der Stadt guttun. Der Mann kann zuhören und pflegt einen dialogorientierten Politikstil, ohne rumzueiern."

Kennerknecht gilt als bodenständiger und fleißiger Macher-Typ, der offen auf andere Menschen zugehen kann. Eine erste Kostprobe davon gab er in der Wahlnacht im Rathaus. Viele der zahlreichen Gratulanten umarmte er und drückte sie an seine Brust, Berührungsängste scheint der Mann nicht zu haben.

Seine Arbeit im Rathaus wird "kein Kindergeburtstag" sein, wie er es selbst ausdrückte. Im Stadtrat hat die CSU mit zwölf Sitzen klar die Mehrheit. Die SPD stellt nur acht Stadträte, zudem sitzen sechs weitere Gruppierungen in dem Gremium. Kennerknecht muss sich wie sein Vorgänger vor jeder Entscheidung eine Mehrheit jenseits seiner Partei organisieren. Zudem wird er von Anfang an mit seinem in der Stadt omnipräsenten Vorgänger verglichen werden. "An seiner erfolgreichen Arbeit muss ich mich messen lassen", sagte Kennerknecht. "Ich werde wohl auch ab und zu hören, das hat der Ivo aber so und so gemacht, aber da muss ich eigenes Profil und Stil entwickeln."

Die 43 000-Einwohner-Stadt steht wirtschaftlich gut da, die Arbeitslosenquote liegt bei 2,8 Prozent, was gemeinhin als Vollbeschäftigung bezeichnet wird. Als erste Schwerpunkte seiner Amtszeit nannte Kennerknecht am Sonntag die Ansiedlung der Möbelhauskette Ikea, die Gespräche über eine Fusion der Kliniken der Stadt Memmingen und des Landkreises Unterallgäu sowie eine "stärkere Bürgerbeteiligung". Er kündigt regelmäßige Treffen mit Vertretern von Bürgerausschüssen und Stadtteilen an, um deren Anliegen zu erfragen. Auch die jungen Leute wolle er verstärkt einbinden, sagt er. Dabei könnte er mit einem besonderen Markenzeichen punkten: Seine Oberarme sind tätowiert. Ein aktives Zugehen auf die Bürger scheint keine schlechte Idee zu sein. Die Wahlbeteiligung in Memmingen sank am Sonntag auf gerade einmal 50,8 Prozent - und damit drei Prozentpunkte unter den Wert vom ersten Urnengang.

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