Erdinger Moos:Europas größte Zuchtanlage für Garnelen steht in Oberbayern

Garnelen Crusta Nova Fabian Ridel

Der Diplom-Biologe German Beutin (li.) und der Gründer der Crusta Nova, Fabian Riedel, bei der Arbeit.

(Foto: Marco Einfeldt)

Viele Versuche, die Krustentiere in Deutschland zu züchten, sind bisher gescheitert. Doch Fabian Riedels Firma produziert inzwischen etwa 30 Tonnen pro Jahr.

Von Franz Kotteder, Langenpreising

Das bayerische Meer ist gar nicht der Chiemsee, auch wenn er gerne so genannt wird. Das bayerische Meer liegt, von München aus gesehen, kurz hinter dem Flughafen Franz Josef Strauß im Erdinger Moos. Es ist genau achtmal 35 Meter lang und besteht aus zwei Etagen, das ganze Jahr über herrscht dort eine fast subtropische Luftfeuchtigkeit und konstant eine Temperatur von 35 Grad Celsius. Das klingt schwer nach einer Zukunftsvision vom Klimawandel. Aber es handelt sich um die Gegenwart. Und das Meer, von dem hier die Rede ist, liegt in einem Gewerbegebiet kurz vor Langenpreising.

Fabian Riedel ist eigentlich Jurist, demnächst möchte er seine Doktorarbeit machen. Die vergangenen Jahre ist er allerdings eher so nebenbei dazu gekommen. Denn er ist ja zugleich auch der Herr über das bayerische Meer. Nun muss man sagen, dass dieses nicht gerade eine Schönheit ist und für den Tourismus eher ein Totalversager. Es dient auch nur einem einzigen Zweck: der Produktion von frischen Garnelen.

Fabian Riedel kam 2013 auf die Idee, Garnelen in Bayern zu züchten, als er bei einem Bekannten ein Aquarium sah, in dem Krebse lebten. "Warum werden die Dinger dann aus Südostasien eingeflogen", dachte er bei sich, "wenn man die hier genauso züchten kann?" Zu diesem Zeitpunkt wusste er nicht, dass es schon viele Versuche gab, Garnelen auch in Deutschland zu züchten, die aber alle aus den unterschiedlichsten Gründen gescheitert sind.

Vielleicht war es aber auch gut so, dass er das nicht wusste. Denn nun begann sich Fabian Riedel neben seinem Jura-Studium ein bisschen mit Meeresbiologie zu beschäftigen. Und damit, was Garnelen eigentlich so alles zum Leben brauchen und wie sie normalerweise gezüchtet werden.

Letzteres will der Durchschnittsverbraucher in Europa eigentlich gar nicht so genau wissen. Denn das Geschäft mit den Garnelen ist hochgradig umweltschädigend und alles andere als artgerecht für die Tiere. Die Garnelenfarmen befinden sich an den Küsten Thailands, Vietnams und Kambodschas - dort, wo riesige Mangrovenwälder ans Wasser grenzen.

In den acht Becken herrschen optimale Bedingungen

Dort ist der natürliche Lebensraum der Garnelen, doch die Anbaubedingungen in den Farmen sind verheerend. Auf engstem Raum werden Garnelen so schnell wie möglich herangezüchtet, und um Tierseuchen zu vermeiden, es werden zum Teil tonnenweise Medikamente ins Wasser gekippt. Nach ein paar Jahren ist der Küstenabschnitt unbrauchbar geworden, da durch tierische Exkremente und Chemie verseucht. Dann zieht die Karawane weiter und nimmt den nächsten Abschnitt in Beschlag.

Insofern ist die Firma, die Fabian Riedel aufgezogen hat, deutlich besser für die Umwelt. Denn in den acht Becken - in jedem wachsen an die 150 000 Tiere in Bio-Qualität heran - herrschen optimale Bedingungen, auch für die Garnelen. Die Wassertemperatur beträgt um die 30 Grad, die Becken sind 35 Meter lang, fünf Meter breit und einen halben Meter tief. "In den ersten Tagen explodieren die geradezu, was das Wachstum angeht", sagt Riedel. Die natürliche Mortalität betrage 20 Prozent, das sei normal.

Aber sonst drohen den Garnelen in Langenpreising keinerlei Gefahren. Im Gegenteil: Sie werden betreut von zwölf Festangestellten, darunter ausgebildeten Meeresbiologen. Die große Halle, in der sie untergebracht sind, waren zwar ursprünglich für die Schweinemast gedacht - passenderweise kommt der Investor im Hintergrund, der Riedels Startup anschieben half, aus der Fleischbranche.

Die große Lüftungsanlage macht die Halle auch für die Garnelenzucht geeignet. Eine Reihe von Filtern und Eiweißabscheidern sorgt für eine gleichmäßig hohe Wasserqualität, die gesamte Anlage ist computergesteuert, das Programm wird laufend aktualisiert und fortentwickelt. "Theoretisch", sagt Riedel, "könnten wir die Anlage inzwischen auch schon von zu Hause auf dem Sofa aus mittels Tablet steuern."

"Die Ware aus Asien ist ja immer tiefgefroren"

Das Unternehmen Crusta Nova ist inzwischen Europas größte Zuchtanlage und produziert etwa 30 Tonnen Garnelen pro Jahr. "Das lässt sich jederzeit erweitern", sagt Riedel, "wir haben schon bei der Gründung darauf geachtet, dass es Erweiterungsflächen gibt und wir nicht weit zum Flughafen haben." Die Garnelen, unter dem Markennamen "Good Gamba" längst in vielen Supermärkten erhältlich, haben inzwischen einen guten Ruf in der Gastronomie. Auch deshalb, weil sie in aller Regel nicht tiefgefroren werden, sondern zumindest in der Region München fangfrisch geliefert werden. "Die Ware aus Asien ist ja immer tiefgefroren", erzählt Riedel, "oft sind die älter als ein Jahr, bis sie wieder aufgetaut werden."

Relativ schnell sprach sich herum, dass der Züchter aus dem Erdinger Moos Frischware im Angebot hatte. Erster Kunde aus der Spitzengastronomie war der Bayerische Hof in München. Er ist es bis heute geblieben, und auch der Drei-Sterne-Koch des Luxushotels, Jan Hartwig, arbeitet in seinem Restaurant Atelier mit Riedels Garnelen. Inzwischen dauert es ziemlich lange, bis Fabian Riedel die lange Liste seiner Kunden heruntergerattert hat. Sie umfasst vom Tantris über Käfer und die Kuffler-Gruppe mehrere Gourmetführer, reicht aber auch vom FC Bayern und die DFB-Elf bis zu diversen Edeka- und Hitmärkten.

Es kann also gut sein, dass Crusta Nova in Langenpreising demnächst wird anbauen müssen. Das bayerische Meer, es ist mächtig am Wachsen, und daran ist in diesem Fall noch nicht einmal der Klimawandel schuld.

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