Polizei:Mitarbeiter finden Kokain im Millionenwert im Biomüll

Mitarbeiter finden Kokain im Millionenwert im Biomüll

Laut dem Zollfahndungsamt wurden rund 4,5 Kilogramm Kokain sichergestellt.

(Foto: dpa)

Zwischen entsorgten Bananen entdeckt ein Angestellter zufällig Drogen im Wert von einer Million Euro. Die Schmuggler haben den Stoff wohl in die falsche Kiste gepackt, vermutet der Zoll. Hinter dem Fund könnte ein weitaus größerer Fall stecken.

Von Martin Bernstein

Es war wohl ein Irrtum - aber ein teurer. Kokain im Schwarzmarktwert von rund einer Million Euro ist im Biomüll einer Obst-Reifehalle im Landkreis Erding aufgetaucht. Der brisante Fund in Eitting hat die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Rauschgift (GER) des Münchner Zollfahndungsamts und des Bayerischen Landeskriminalamts auf den Plan gerufen. Denn zunächst sah alles nach alten Bekannten aus, einer Gruppierung der Westbalkan-Mafia, deren Drahtzieher und Helfershelfer die Ermittler eigentlich längst hinter Gittern wähnten. Die albanisch dominierte Mafia-Bande hatte 2017 und 2018 mehr als eine Tonne Kokain von Ecuador über den Hamburger Hafen nach Deutschland geschmuggelt. Komplizen holten das unter Bananen versteckte Rauschgift dann aus Reifehallen in ganz Deutschland, darunter in Eitting und am Münchner Großmarkt.

"Parallelen gibt es schon", sagt Christian Schüttenkopf, Pressesprecher des Zollfahndungsamts München. Es handle sich wahrscheinlich um "die gleiche Transportschiene" wie vor gut drei Jahren. Allerdings gibt es Unterschiede: Nur in einer einzigen Bananenkiste wurde jetzt Kokain gefunden, insgesamt neun mit braunem Paketband umwickelte Päckchen mit einem Gesamtgewicht von 5,5 Kilogramm. Und obwohl die aus Ecuador stammende, hoch konzentrierte Droge zehn Tage lang zwischen den von Grün nach Gelb reifenden Bananen in Eitting lagerte, gab es keine Einbruchsversuche in die Halle. Die Rauschgiftschmuggler hätten ihren Stoff wohl in die falsche Kiste gepackt, vermutet Schüttenkopf. Anders als vor drei Jahren kam die südamerikanische Ware auch nicht via Hamburg, sondern über die Niederlande in den Großraum München.

Warum Beschäftigte einer Leihfirma den Bananenkarton in Eitting samt dessen brisantem Inhalt am 9. Mai kurzerhand im Biomüll entsorgten, ist nicht abschließend geklärt. Den Ermittlern von Zoll und Landeskriminalamt gaben sie zu Protokoll, die Bananenkiste habe nicht den vorgegebenen Füllnormen entsprochen. Dem Umstand, dass der Karton "Fremdkörper" enthielt, hätten sie keine weitere Bedeutung zugemessen.

Als ein Angestellter des bereits von früheren Einbrüchen betroffenen Logistikunternehmens für Frischfrüchte die verdächtigen Päckchen entdeckte, alarmierte er sofort die Unternehmensleitung - und diese die Fahnder der GER. Die fanden schnell heraus, dass die entsorgte Kiste zu einer aus rund 1150 Kartons bestehenden Lieferung Bio-Bananen aus Ecuador stammte und zunächst per Schiff in die Niederlande und von dort mit dem Lastwagen zu der Eittinger Niederlassung des auch in München vertretenen Unternehmens gebracht wurde. Gut ein Drittel der Lieferung befand sich noch im Lager und wurde auf mögliche weitere Drogen überprüft. Die restlichen Kartons waren bereits an 20 Supermärkte in ganz Bayern ausgeliefert worden. Landeskriminalamt, Zollfahndungsamt und Polizei fanden bei Durchsuchungen keine weiteren Drogenpäckchen. 2018 waren 228 Kilogramm Kokain, die die Täter nicht gefunden hatten, bis in südbayerische Supermarktregale gelangt.

Die Drahtzieher des damaligen groß angelegten Drogenschmuggels flogen erst im vergangenen Dezember auf. Ermittler des Landeskriminalamts in München hatten der belgischen Polizei die entscheidenden Hinweise gegeben. Belgische Spezialeinheiten stürmten daraufhin 20 Wohnungen in Antwerpen und Brüssel. Insgesamt wurden 17 Personen festgenommen, darunter ein 34 Jahre alter Albaner und ein 35-jähriger Lette, die laut Landeskriminalamt im dringenden Verdacht stehen, eine Schlüsselposition zwischen den südamerikanischen Drogenkartellen und europäischen Kokainabnehmern besetzt zu haben. Nach den ersten Kokain-Funden in zehn bayerischen Supermärkten im Jahr 2017 hatten Beamte der GER Südbayern gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Landshut die Spur der Drogenbosse und ihrer Bandenmitglieder aufgenommen. Sie führte die Ermittler in den Pazifikhafen Puerto Bolívar, wo Drogendealer das Kokain in Bananenkisten versteckten. Verurteilt wurden bislang 14 Mitglieder und angeworbene Helfer der Bande, die meisten von ihnen gebürtige Albaner. "Blut und Familie": So war nach Einschätzung der Münchner Ermittler der Mafia-Clan organisiert. 10 000 Euro sollen die Bosse für jeden Einbruch bezahlt haben - pro Mann.

Fünf Helfer standen nach drei Einbrüchen in eine Reifehalle an der Oberländerstraße im Münchner Stadtteil Sendling vor Gericht. Allein dort sollen im März 2018 rund 180 Kilogramm Kokain von den Tätern geborgen worden sein. Kurz darauf erfolgte der entscheidende Schlag der Ermittler gegen die Bande. Die Einbrüche in Reifehallen hörten danach auf. Vorerst zumindest. Denn im Dezember 2019 wurden in Neu-Ulm sechs Männer dabei erwischt, als sie 500 Kilogramm Kokain aus einer Reifehalle holen wollten. Die Männer kamen aus Albanien, das Rauschgift via Niederlande aus Ecuador. Wie jetzt erneut in Eitting.

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