Energiewende:Streit um Stromtrassen

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Grüne sind verärgert, dass Bund Naturschutz auch Erdkabel ablehnt

Von Christian Sebald, München

Seit die große Koalition vor zwei Jahren entschieden hat, die neuen Stromautobahnen von Norddeutschland nach Süden unterirdisch zu verlegen, ist der erbitterte Streit um den SuedLink und den SuedOstLink beendet. Die Frage, ob sie überhaupt errichtet werden sollen, stellt sich nicht mehr. In den aktuellen Konferenzen und Infoveranstaltungen für die Bevölkerung, Kommunalpolitiker und andere Interessenten geht es einzig darum, auf welchen Strecken genau die unterirdischen Hochleistungskabel geführt werden sollen und wie das Milliardenprojekt rasch vorankommen kann. Denn dass es für eine erfolgreiche Energiewende nötig ist, daran zweifelt kaum ein Experte. Nur der Bund Naturschutz (BN), mit 180 000 Mitgliedern die stärkste Umweltorganisation in Bayern, lehnt die beiden Stromautobahnen weiter kategorisch ab. Er glaubt fest an eine dezentrale Energiewende mit so vielen Öko-Kraftwerken in Bayern, dass sie rechnerisch den gesamten Strombedarf des Freistaats decken können. Nächsten Dienstag ist es wieder soweit: Dann demonstriert der BN in Regensburg gegen die Stromautobahnen.

Die Grünen schmerzt die Position des BN besonders. BN und Grüne stehen sich seit jeher politisch sehr nahe. Das gilt für den Natur- und Artenschutz genauso wie für die Verkehrspolitik und eben auch für die Energiewende. Zwar überwiegen natürlich auch bei letzterer die Gemeinsamkeiten. Aber was die Stromautobahnen anbelangt, finden BN und Grüne nicht zueinander. Der BN wird in seinem Widerstand kein Quäntchen nachgeben, sagt BN-Chef Hubert Weiger. Die Grünen halten sie ohne Wenn und Aber für notwendig. Sie fürchten nun, dass der BN ihnen mit seinem harten Nein viele politische Unterstützer abspenstig macht. "Auf Veranstaltungen zur Energiewende bläst uns inzwischen ein reichlich aggressiver Wind entgegen", sagt ein Landtagsabgeordneter. Er will möglichst wenig zu dem Konflikt sagen und schon gar nicht namentlich genannt werden. "Denn das gießt nur noch Öl ins Feuer." Grünen-Chef Eike Hallitzky redet auch nicht gerne über den Streit. Dabei kennt auch er ihn sehr gut. Schließlich schwelt er schon seit Zeiten, als Hallitzky noch dem Landtag angehörte. "Natürlich schmerzt der Konflikt", sagt Hallitzky, "denn das ist ja so, wie wenn einen seine Ehefrau ausschimpft. Das hat keiner gerne."

Hallitzkys Hoffnung ist denn auch, dass der BN irgendwann schon einmal einsieht, dass es ohne SuedLink und SuedOstLink nicht geht. "Spätestens nach der Landtagswahl 2018 sollte der Widerstand abflauen", sagt Hallitzky. Wenn er sich da mal nicht täuscht. "Wir sind kein Don Quichotte, der gegen Windmühlen kämpft", sagt BN-Chef Weiger. "Der Protest findet nicht nur in Bayern statt, sondern auch in anderen Bundesländern." Demnächst wird Weiger ein neues Gutachten über die Stromautobahnen präsentieren. Das Ergebnis: Sie sind überflüssig und eine Milliardenverschwendung.

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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