Energiewende:Atomkraftwerk darf abgerissen werden

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Umweltministerin Scharf genehmigt den Abbau von Isar 1. Grüne und BN üben scharfe Kritik, weil noch hochradioaktives Material im Abklingbecken lagert

Von Christian Sebald, München

Fast sechs Jahre nach Abschaltung des Atomkraftwerks Isar 1 hat Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) jetzt den Abriss der Anlage genehmigt. "Der Bescheid ist ein weiterer wichtiger Schritt für den Ausstieg aus der Kernenergie", sagte Scharf. "Es soll dort wieder eine grüne Wiese entstehen." Der Abriss passiere unter den gleichen strengen Sicherheitsvorgaben wie der vormalige Betrieb der Anlage. "Die Sicherheit von Mensch und Umwelt steht an erster Stelle", sagte Scharf. "Wir sorgen im gesamten Verfahren für Transparenz." Das Bundesumweltministerium hat Scharfs Bescheid bereits zugestimmt.

Von den Landtags-Grünen und vom Bund Naturschutz (BN) kam scharfe Kritik. Der Grund: Mit Scharfs Genehmigung darf der Isar-1-Betreiber Preußen-Elektra, wie die Atomsparte des Energieriesen Eon inzwischen heißt, mit dem Abriss beginnen, obwohl nach wie vor mehr als 1700 abgebrannte Brennelemente im Abklingbecken der Anlage lagern. Nach jetzigem Stand kann Preußen-Elektra die 300 Tonnen hochstrahlendes Material erst etwa 2020 in Castoren umlagern und in das Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände bringen. Das heißt, die abgebrannten Brennelemente werden noch viele Monate in dem Abklingbecken bleiben müssen, während die Anlage bereits demontiert wird. "Der Beginn des Abrisses vor der Räumung des Abklingbeckens ist hochriskant", kritisierte denn auch die Landshuter Grünen-Abgeordnete Rosi Steinberger. Sie erneuerte die Forderung, das Abklingbecken vor Beginn des Abrisses zu leeren. BN-Chef Hubert Weiger schloss sich dem an.

Preußen-Elektra versichert dagegen wie Scharf, oberstes Gebot aller Planungen und Arbeiten sei "die Sicherheit von Mitarbeitern, Bevölkerung und Umgebung". Der Abriss selbst werde in zwei Phasen verlaufen. In Phase eins, also in der Zeit, in der noch Brennelemente in der Anlage sind, würden ausschließlich Leitungen, Ventile und andere Teile "ohne sicherheitstechnische Bedeutung" für den Reaktordruckbehälter und den Sicherheitsbehälter abgebaut. Deren Demontage erfolge erst in Phase zwei des Abrisses, also wenn die Anlage frei ist von alten Brennelementen.

Insgesamt fallen nach Angaben von Preußen-Elektra bei dem Abriss 224 000 Tonnen Material an. Mit 200 000 Tonnen handelt es sich bei dem meisten um radioaktiv unbedenkliche Überreste der Gebäude. Nur 3400 Tonnen sind radioaktive Abfälle, die einmal in das Endlager in Schacht Konrad gebracht werden sollen. Die 300 Tonnen abgebrannte Brennelemente im Abklingbecken sind in diesen Mengen natürlich nicht enthalten. Nach Worten des Kraftwerkdirektors Sebastian Wittmann soll der Abriss im zweiten Quartal 2017 beginnen und dann ungefähr 15 Jahre dauern. Die Gebäude von Isar 1 sollen allerdings auch danach stehen bleiben und noch für den Abriss des Atomkraftwerks Isar 2 nach dessen Abschaltung 2022 genutzt werden. Wittmann zufolge werden sie frühestens Mitte der 2030er-Jahre abgetragen. Insgesamt soll der Abriss von Isar 1 ungefähr eine Milliarde Euro kosten.

Den Landtags-Grünen sind auch diese Angaben zu ungenau. Sie kritisierten, dass Scharfs Genehmigungsbescheid Preußen-Elektra keinen genauen Zeitplan für den Abriss vorschreibt. Sein Beginn sei alleine ins Belieben von Preußen-Elektra gestellt. Dadurch würden die Klage- und Mitwirkungsrechte der Bevölkerung stark eingeschränkt.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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