Empörung über CSU-Anruf bei ZDF:Das können Sie alles nicht senden

Keine Berichterstattung über den Parteitag der Bayern-SPD: Mit dieser Forderung soll CSU-Sprecher Hans Michael Strepp die "Heute"-Redaktion des ZDF unter Druck gesetzt haben. Empört äußern sich Vertreter von Politik und Medien, SPD-Generalsekretärin Nahles fordert Strepps Rücktritt, auch das ZDF verlangt Aufklärung. Und dann meldet sich der Vorgesetzte des CSU-Sprechers zu Wort.

Frank Müller und Mike Szymanski

CSU-Sprecher Hans Michael Strepp

Seehofers Stratege: Michael Strepp soll das ZDF aufgefordert haben, nicht über den SPD-Parteitag zu berichten.

(Foto: SEYBOLDTPRESS)

Bei den Pressekonferenzen mit seinem Chef Horst Seehofer hat Hans Michael Strepp seit einiger Zeit ein Notizbuch mit der Aufschrift: "Das können Sie alles senden" dabei. Es ist der Renner im CSU-Shop, nachdem Seehofer im Sommer in einem ZDF-Interview seinen Frust über den damaligen Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) freien Lauf ließ.

Mit den Worten "Sie können das alles senden" gab Seehofer auch jene Passagen zur Ausstrahlung frei, als Moderator Claus Kleber und er längst ins Plaudern geraten waren. Eine absolute Seltenheit. "Machen's a Sondersendung", empfahl Seehofer Kleber.

Nun fällt all das auf die CSU zurück - und damit auch auf Seehofer. Am Tag, nachdem die SZ darüber berichtete, wie Strepp am vergangenen Sonntag mit einem Anruf in der Heute-Redaktion beim ZDF versucht haben soll, die Berichterstattung über den Parteitag der Bayern-SPD zu verhindern, fällt das Thema Seehofer auf die Füße. Noch am Vormittag hält der CSU-Chef den Eröffnungsvortrag bei den Münchner Medientagen - ausgerechnet über Medienfreiheit.

Dann macht er Druck und zwingt seinen Generalsekretär Alexander Dobrindt zu einer Erklärung noch am Nachmittag. "Bis zur Stunde" stelle sich für ihn der Sachverhalt so dar, dass sich Strepp korrekt verhalten habe. Aber er sagt auch, dass es "inakzeptabel" wäre und "entsprechende Konsequenzen" haben müsste, wenn Strepp tatsächlich versucht hätte, die Berichterstattung zu beeinflussen. "Da sag ich klipp und klar: Das ist nicht unser Stil, das ist nicht unsere Linie."

Am Nachmittag kommt Dobrindts Erklärung: "Der CSU-Sprecher hat deutlich gemacht, dass es keinen Versuch einer Beeinflussung der Berichterstattung des ZDF gab", schreibt der Generalsekretär. Zudem habe Strepp in einem Schreiben an das ZDF eine Entschuldigung ausgesprochen für den Fall, dass ein anders gearteter Eindruck entstanden sein sollte.

ZDF-Chefredakteur Frey verlangt Aufklärung

Doch das ZDF legt nach. Chefredakteur Peter Frey verlangt Aufklärung: Strepp müsse die Frage beantworten, warum und mit welcher Intention er direkt in der Heute-Redaktion angerufen habe. Er sei mit der Reaktion der Kollegen sehr zufrieden. "Wir senden, was wir senden, egal wer anruft." Nach Recherchen der SZ drohte Strepp dem diensthabenden Redakteur an, es werde "Diskussionen nach sich ziehen", sollte die Nachrichtensendung über den SPD-Parteitag berichten.

Die Empörung ist auf allen Seiten groß. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) nennt den Vorgang "skandalös". SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verlangt den Rücktritt Strepps. "Ein Pressesprecher, der die Pressefreiheit nicht kennt, ist in einer demokratischen Partei nicht haltbar", erklärt Nahles am Mittwoch in Berlin.

"Dermaßen trottelhaft"

Bayerns SPD-Spitzenkandidat Christian Ude lädt am Mittwoch kurzfristig zur Pressekonferenz. Der Vorgang belege die Nervosität der CSU. Ude verlangt Aufschluss, "ob hier wirklich erstmals die komplette Berichterstattung unterbunden werden sollte".

Der Wortlaut von Strepps Gespräch müsse rekonstruiert und dem Verwaltungsrat des ZDF vorgelegt werden. Erst danach werde klar sein, welche Konsequenzen die CSU ziehen müsse. In dem Fall habe sich die CSU "dermaßen trottelhaft" verhalten, dass er es kaum glauben könne, sagte Ude. "Das ist doch früher etwas raffinierter gemacht worden."

Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks hat Strepp am Sonntag auch zum ARD-Hauptstadstudio Kontakt gesucht. Strepp schickte laut "Bayern 5" dem BR-Korrespondenten Oliver Mayer-Rüth eine SMS und fragte, ob die ARD einen Bericht über die SPD-Kandidaten-Kür in Nürnberg plane. Man habe ihm zur Antwort gegeben, dass dies nicht der Fall sei.

Strepp ist mehr für Seehofer als nur ein Sprecher. Er ist einer seiner Strategen. Strepp sitzt in den wichtigen Runden dabei. Im Vergleich zu vielen anderen Sprechern weiß er wirklich, was gerade Sache ist. Die Journalisten schätzen ihn eigentlich als fair und besonnen.

Der 44-Jährige gehört auch nicht zu jenem Typ Pressesprecher, die ihre Chefs bremsen, die unruhig auf dem Stuhl hin- und her rutschen, wenn ihr Vorgesetzter mal vom Sprechzettel abweicht. Strepp ist seit 2006 CSU-Sprecher. Zuvor hatte der Familienvater in der Staatskanzlei gearbeitet sowie als Staatsanwalt und Richter.

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