Süddeutsche Zeitung

Demonstrationen in Elmau:Luft nach allen Seiten

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Auch drei Gerichtsinstanzen haben die G-7-Kritiker einen halben Kilometer von Schloss Elmau ferngehalten. Wegen der äußerst kurzfristigen Genehmigung der Demo mussten sie sich dabei auf behördliche Gefahrenprognosen stützen.

Glosse von Matthias Köpf, Garmisch-Partenkirchen

Die Wahrscheinlichkeit ist leider eine unklare Sache. Ob ohne jede Wahrscheinlichkeit eigentlich alles klar wäre, ist allein schon eine schwierige Frage. Aber wenn wie immer vieles unklar ist, braucht es die Wahrscheinlichkeit, genau dafür gibt es sie ja. Aber irgendwie ist auch alles wahrscheinlich, was nicht absolut sicher oder ganz unmöglich ist. Nur wie wahrscheinlich, bliebe die Frage.

Doch damit können sich das Bundeskriminalamt und das Landratsamt in Garmisch-Partenkirchen natürlich nicht aufhalten. Beide bezeichneten eine Störung des G-7-Gipfels aus der Luft neulich schlicht als wahrscheinlich - obwohl erstens über Elmau weit weniger Luft nach oben ist als anderswo und zweitens dort die Sicherheitsvorkehrungen zuletzt deutlich dichter waren. Womöglich sind die G 7 also nur mit viel Glück ungestört geblieben. Und ihre Kritiker haben halt Pech gehabt.

Nicht dass jene Kritiker den Gipfelnden diesen behördlicherseits erwogenen Luftangriff gewünscht oder ihn gar im Schilde geführt hätten. Sie hätten nur gern in Hör- und Sichtweite demonstriert, so wie es auch das Verfassungsgericht grundsätzlich für geboten hält. Aber leider: wahrscheinlich Störung aus der Luft. Daher könne man die 50 zugelassenen Demonstranten höchstens bis zur Grenze des inneren Sicherheitsbereichs lassen, 520 Meter vom Schloss entfernt. Nicht dass sie bei der wahrscheinlichen Störung aus der Luft noch im Fluchtweg herumstehen oder am Ende selbst gestört werden, obwohl sie gar nicht in die Sicherheits- und Evakuierungskonzepte eingewiesen sind.

Sinngemäß so lautete am Montagmittag die Argumentation in der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die vorherigen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts München und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gelten zu lassen. Schon diese beiden Entscheidungen waren wegen der äußerst kurzfristigen Genehmigung der Demo am Samstagnachmittag recht eilig.

Und so blieb all den Instanzen bloß übrig, sich auf die behördliche Gefahrenprognose zu stützen, wonach es wahrscheinlich zu Störungen aus der Luft kommen werde. Für ein paar Sekunden kam es am Montag dann zu einer Störung am Boden, weil sich einige Demonstranten auf die Straße und damit auf den besagten Fluchtweg setzen wollten. Einen Erfolg in einer eventuellen Hauptverhandlung am Verfassungsgericht haben sie damit auch nicht wahrscheinlicher gemacht.

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