Ehrenbürger:Levis Grab bleibt in Partenkirchen

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Nach jahrelangem Streit soll die letzte Ruhestätte in einen würdigen Zustand versetzt werden

Von Matthias Köpf, Garmisch-Partenkirchen

Auch wenn sich an seinem letzten Wohnort über Jahrzehnte hinweg kaum einer an den eigenen Ehrenbürger erinnern wollte, so weiß die große Musikwelt durchaus noch, wer dieser Hermann Levi war. Erst vor einigen Tagen hat zum Beispiel Kirill Petrenko das Grab von Hermann Levi in Partenkirchen besucht. Der Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper und designierte Chefdirigent der Berliner Philharmoniker hat nicht viel zu sehen bekommen von diesem Grab, doch die dicke, weiße Schneedecke gab auf jeden Fall ein würdigeres Bild ab, als es sich sonst dargeboten hätte. Petrenko hat Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer (SPD) nach deren eigenen Angaben zugesagt, mit einem Kammerorchester nach Garmisch-Partenkirchen zu kommen und ein Konzert zu Ehren Hermann Levis zu dirigieren, der selbst als einer der ersten modernen Dirigenten gilt und auch als Königlicher Hofkapellmeister ein Vorgänger Petrenkos war. Levis Grab soll dann in einem würdigeren Zustand sein. Und es soll dort bleiben, wo es ist und wo Levi selbst es sich gewünscht hat.

Damit zeichnet sich eine Lösung für ein Problem ab, mit dem sich die Garmisch-Partenkirchner Bürgermeisterin schon seit mehreren Jahren herumschlägt. Denn Levis Grab liegt nicht auf einem öffentlichen Friedhof, sondern auf Privatgrund im ehemaligen Park der Villa, die sich Levi 1896 auf den Partenkirchner Riedberg hatte bauen lassen. Die Villa hatte der Bildhauer Adolf von Hildebrand entworfen, der im Jahr 1900 auch Levis Mausoleum gestaltete. Levi, der aus einer alten Rabbinerfamilie stammte, wurde darin konfessionslos begraben, so wie er auch schon konfessionslos geheiratet hatte. Die Nationalsozialisten schändeten sein Grab bei erster Gelegenheit und benannten den angrenzenden Hermann-Levi-Weg umgehend nach dem Hetzschriften-Verleger Theodor Fritsch. 1945 wurde daraus die "Karwendelstraße", deren Verbreiterung in den 1950er-Jahren die Reste des Mausoleums zum Opfer fielen. Nur die Grabplatte überdauerte die Jahrzehnte, und unter ihr Levis Gebeine in einem Zinksarg. Rundum stapelten sich zuletzt Baumaterial, Dachziegel, Holz und Gerümpel. Das Grundstück hatte schon vor langer Zeit der Architekt Ecko Eichler gekauft, der zwischenzeitlich auch für die FDP im Marktgemeinderat gesessen war.

Über Levi wurde in Garmisch-Partenkirchen erst vor einigen Jahren wieder geredet. 2012 sollte ein Teil der Hindenburgstraße nach ihm benannt werden, doch die Garmischer sprachen sich in einem Bürgerentscheid zu 90 Prozent für Hindenburg aus. Auch für das Grab des Ehrenbürgers Levi fand sich keine Lösung, bis Meierhofer 2017 mit Eichler zur Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde nach München fuhr. Mit der Autorität ihres Amtes und ihrer Person traf Charlotte Knobloch dann die Entscheidung, Levis Überreste auf den neuen Israelitischen Friedhof nach München umzubetten, was bei manchen geschichtsbewussten Menschen in Garmisch-Partenkirchen und auch weit darüber hinaus Kopfschütteln auslöste.

Levis Mausoleum in Partenkirchen wurde längst dem Erdboden gleichgemacht. (Foto: OH)

Meierhofer hielt trotzdem an Knoblochs Vorschlag fest, und sie hätte es nach eigenen Worten auch weiterhin getan. Doch inzwischen habe sich herausgestellt, dass Levis Sarg in eine Übertruhe hätte gelegt werden müssen, und für so eine Truhe sei an der vorgesehenen Parzelle auf dem Münchner Friedhof kein Platz. Also solle Levi nun dort begraben bleiben, wo er selbst es wollte, sagt Meierhofer und bestätigt so weit einen Bericht des Garmisch-Partenkirchner Tagblatts. Allerdings sei noch keineswegs alles beschlossen. Denn Knobloch habe für diese Lösung zur Bedingung gemacht, dass das Grundstück mit dem Grab, eine Fläche von rund 100 Quadratmetern, in öffentlichen Besitz übergehe. Und genau das müsse mit Eichler trotz allseitigen guten Willens eben noch zu Ende verhandelt werden.

Levis Grab soll laut Meierhofer auf jeden Fall öffentlich zugänglich werden. Wahrscheinlich werde es auch wieder einen Überbau und damit wieder eine Art Mausoleum geben. Eichler selbst hat dafür schon einen Plan in der Schublade, Meierhofer will aber auch noch andere Architekten um Entwürfe bitten. Auch Gedenkveranstaltungen für Levi solle es irgendwann geben, darunter das nun verabredete Konzert mit Kirill Petrenko. Der Garmisch-Partenkirchner Musiker Anthony Morris, der sich nicht nur in der Marktgemeinde, sondern auch bei namhaften Dirigenten wie Simon Rattle und Daniel Barenboim für ein würdiges Levi-Grab eingesetzt hatte, zeigt sich nun verhalten optimistisch. Auch der Lokalhistoriker Alois Schwarzmüller hält die Sache mit der Truhe zwar für "eine sonderbare Begründung", hofft aber nun auf ein gutes Ende. Sein vom Gemeinderat zuletzt zurückgestellter Vorschlag, den ehemaligen Partenkirchner Kurpark nach Hermann Levi zu benennen, habe sich damit aber noch nicht erledigt.

© SZ vom 20.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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