Ehemaliger Serienstraftäter:"Mehmet" sieht durch Beckstein sein Leben zerstört

Muhlis Ari

Muhlis Ari bei einem Gerichtsverfahren in München im April 2001 in München.

(Foto: REUTERS)

"Mehmets" Abschiebung sorgte vor 15 Jahren für internationales Aufsehen, nun ist der einstige jugendliche Serienstraftäter erstmals persönlich dem damaligen bayerischen Innenminister Beckstein begegnet. Beim von "Bild" organisierten Gespräch in Istanbul erhob er massive Vorwürfe.

15 Jahre nach der Abschiebung des als "Mehmet" bekannten jugendlichen Serienstraftäters in die Türkei sind sich der heute 29-Jährige und der für die Abschiebung mitverantwortliche damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) zum ersten Mal persönlich begegnet. "Sie haben mein Leben zerstört, Herr Beckstein", hielt Muhlis Ari dem damaligen Minister in der Feiertagsausgabe der Bild vor. Die Zeitung hatte ein Gespräch mit den beiden in Istanbul organisiert.

Beckstein verteidigte dagegen die Abschiebung auch im Rückblick: "Die Straftaten wurden immer härter, es war eine Entwicklung. Ich habe ganz klar gesagt: Das Schicksal der Opfer ist mir wichtiger als das Schicksal von 'Mehmet'". Außerdem habe das harte Durchgreifen offenbar eine heilsame Wirkung gehabt. "Wenn Sie jetzt offenbar ein anständiges Leben führen und weg von der Kriminalität sind, ist das ein Stück mein Verdienst."

"Es ist noch ein Urteil offen"

Der Fall "Mehmet" sorgte 1998 für wochenlange, zum Teil international verfolgte Diskussionen. Noch als Strafunmündiger hatte der junge Münchner zahlreiche Verbrechen vom Diebstahl bis zu Körperverletzungen und Raubüberfällen begangen. Als er mit 14 Jahren dann als Strafmündiger einen neuen Raubüberfall beging, wurde "Mehmet" ohne seine Eltern in die Türkei abgeschoben. In einem folgenden jahrelangen Rechtsstreit konnte er sich aber durchsetzen und durfte 2002 nach Deutschland zurückkehren. 2005 wurde er allerdings wegen Erpressung und Körperverletzung seiner Eltern ein weiteres Mal verurteilt, entzog sich einer 18-monatigen Haftstrafe durch Flucht in die Türkei und lebt seitdem dort.

Zuletzt äußerte Ari den Wunsch, wieder nach Deutschland zu dürfen. Beckstein kann sich diese Rückkehr vorstellen, wie er in dem Gespräch sagte. "Es ist noch ein Urteil offen, 18 Monate ohne Bewährung. Aber wenn er sich in der Türkei viele Jahre straffrei verhalten hat, würde aus meiner Sicht nichts dagegen sprechen, die Strafe zur Bewährung auszusetzen."

Beckstein freute sich in der Bild über die "Kurskorrektur" in Aris Leben, kritisierte aber, dass keine Reue erkennbar sei. "Aus seiner Sicht hat er ein paar dumme Jungenstreiche gemacht und dann kam ein verrückter Innenminister und hat aus Wahlkampfzwecken einen armen Jungen in die Türkei abgeschoben, sein Leben vernichtet und in die Folter gegeben. Das kann ich so nicht stehen lassen."

Pläne für die Buchmesse

Der Münchner Riva Verlag bestätigte derweil, dass Aris Anwalt Pläne habe, ihn zur Frankfurter Buchmesse einzufliegen. Nach Informationen der Bild-Zeitung vom Mittwoch will er erreichen, dass der Haftbefehl gegen seinen Mandanten für vier Tage ausgesetzt wird, damit dieser ungehindert nach Deutschland einreisen kann.

Dass es in der kommenden Woche tatsächlich zu einem Auftritt in Frankfurt kommt, sei aber "eher utopisch", sagte eine Sprecherin des Verlags. In dem Buch "Sie nannten mich Mehmet. Geschichte eines Ghettokindes" beschreibt Ari gemeinsam mit dem Ghostwriter Christoph Straßer nach Verlagsangaben seine Kindheit in München und wie sein Leben in den Fokus der Medien geriet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: