Dumpinglöhne:Einsatz für Tarifvertrag

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Robert Hinke, bei Verdi Bayern für die Pflegenden zuständig, appelliert an die kirchlichen Wohlfahrtsverbände, sich einem Tarifvertrag für die gesamte Pflegebranche nicht zu verweigern. (Foto: Privat)

Verdi fordert bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege

Von Dietrich Mittler, München

Mit "symbolischen" Protestaktionen in Regensburg und Bayreuth will die Gewerkschaft Verdi darauf hinweisen, dass für sie der Kampf um bessere Entgelte und Arbeitsbedingungen in der Pflege längst nicht beendet ist. Anlass ist der an diesem Montag stattfindende Internationale Frauentag. Viele Frauen, die in privat betriebenen Alten- und Pflegeeinrichtungen arbeiten, seien auf bessere Rahmenbedingungen angewiesen, betonte Robert Hinke, der für die Pflege zuständige Verdi-Landesfachbereichsleiter. Jüngst erst habe sich die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas auf Bundesebene einem Tarifvertrag über Mindestarbeitsbedingungen in der Pflegebranche verweigert, und die Diakonie ihrerseits tauche ab. "Damit wird es Dumpinganbietern in der Pflege weiter ermöglicht, den Wettbewerb in der Pflegebranche auf Kosten der Beschäftigten und den ihnen anvertrauten Pflegebedürftigen fortzusetzen", so Hinke.

In Briefen an Michael Bammessel, den Präsidenten des Diakonischen Werks Bayern, und an Landes-Caritasdirektor Bernhard Piendl appellierte Hinke, dabei mitzuwirken, kirchliche Bedenken gegenüber einem Tarifvertrag auszuräumen, der für die ganze Pflegebranche gültig wäre. Sowohl bei der Caritas als auch bei der Diakonie werden tarifliche Belange wie Vergütung oder Arbeitszeit mit Vertretern der Beschäftigten in einer paritätisch besetzten Kommission festgelegt - ein Verfahren, das als "Dritter Weg" bezeichnet wird. Dieses eigene Arbeitsrechtssystem, so die bisherige Auffassung der kirchlichen Wohlfahrtsverbände, sei mit Tarifverträgen unter Beteiligung von Verdi nicht vereinbar.

"Wir wollen aber nicht länger warten", betonte indes Hinke. Für die Überwindung bestehender Hürden seien die Pflegenden auf die Unterstützung der Diakonie und der Caritas in Bayern angewiesen - denn diese hätten "Gewicht in der bayerischen Wohlfahrtsbranche". In einem offenen Brief stellte unterdessen die Betriebsratsvorsitzende eines privaten Altenheims in Nürnberg die Frage in den Raum: "Entspricht es Ihren christlichen Werten, Dumpinglöhne für Hunderttausende von Beschäftigten in der Altenpflege, in der großen Mehrheit Frauen, zu zementieren?"

Auch innerhalb der Caritas ist die Diskussion nicht beendet. Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes, hatte in Berlin erklärt, die Ablehnung eines allgemein verbindlichen Tarifvertrags schade "der Glaubwürdigkeit der Caritas". Auch komme sie "zu Unzeiten für die katholische Kirche".

© SZ vom 08.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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