Süddeutsche Zeitung

Ehrung:Bekommt Fritz Bauer eine Büste in der Walhalla?

Bauer wollte im Nachkriegsdeutschland die Verbrechen der Nazis aufklären und die Täter zur Rechenschaft ziehen. Nun will Bayerns Antisemitismus-Beauftragter Spaenle den Juristen ehren.

Von Jakob Wetzel

In der jungen Bundesrepublik ist Fritz Bauer vielfach bedroht und angefeindet worden. Der Jurist und spätere hessische Generalstaatsanwalt wollte die Verbrechen der Nazis aufklären und die oft unbehelligt lebenden Täter endlich zur Rechenschaft ziehen - in einer Zeit, in der die Deutschen vor diesem Unrecht gerne bequem die Augen verschlossen. Fritz Bauer störte die Ruhe, das machte ihn zum Außenseiter. Doch geht es nach Ludwig Spaenle, dem Beauftragten des Freistaats Bayern gegen Antisemitismus, soll Bauer nun einen Platz mitten drin erhalten, unter den Größten der deutschen Geschichte.

Spaenle möchte, dass Fritz Bauer in die Walhalla aufgenommen wird. Das hat er nun in einem Brief an Kunst- und Wissenschaftsminister Bernd Sibler vorgeschlagen. Die Walhalla, dieses 1842 auf Wunsch von Bayernkönig Ludwig I. bei Regensburg errichtete Nationaldenkmal, ist bedeutenden deutschen Persönlichkeiten gewidmet. Derzeit sind in ihr 131 Büsten aufgestellt, von alten Kaisern bis Sophie Scholl. Zuletzt wurde 2019 eine Büste für die Künstlerin Käthe Kollwitz ergänzt. Fritz Bauer gelte als zentrale Figur bei der Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen und zähle "zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Bundesrepublik", schreibt Spaenle in seinem Brief. Tatsächlich ist die deutsche Erinnerungskultur ohne das Wirken Fritz Bauers kaum vorstellbar.

Fritz Bauer wurde 1903 in Stuttgart geboren, er stammte aus einer jüdischen Familie. Nachdem er zeitweilig in verschiedene Konzentrationslager gesperrt worden war, entkam er nach Dänemark und Schweden. 1949 kehrte er zurück und war von 1956 bis zu seinem Tod 1968 Generalstaatsanwalt in Hessen. Bauer trug dazu bei, die Hitler-Attentäter des 20. Juli 1944 zu rehabilitieren. Später war es auch sein Verdienst, dass der Holocaust-Organisator Adolf Eichmann in Argentinien gefasst und in Tel Aviv vor Gericht gestellt werden konnte. In Frankfurt am Main brachte Bauer ab 1963 in mehreren "Auschwitz-Prozessen" Nazi-Schergen vor Gericht und zerrte deren Verbrechen damit wieder in die Öffentlichkeit. "Fritz Bauer ist ein leuchtendes Vorbild", sagt Ludwig Spaenle. Er sei heute zwar nicht vergessen; seine große Bedeutung aber werde verkannt.

Ob in der Walhalla eine Büste für Bauer errichtet wird, entscheidet das bayerische Kabinett. Es gibt eine Vorschlagsliste; die Bayerische Akademie der Wissenschaften erstellt zu den Kandidaten Gutachten. Fritz Bauer werde nun in diese Liste aufgenommen, erklärt Minister Sibler. "Sein Kampf für die Gerechtigkeit - wenn es sie überhaupt jemals geben kann - war mehr als beeindruckend." Das nächste Auswahlverfahren für die Walhalla beginne voraussichtlich 2023.

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SZ vom 12.05.2021/vewo
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