Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister:Von Mobbing bis Meineid

Er soll seine Mitarbeiter gemobbt haben, deshalb musste Taufkirchens Bürgermeister gerade seinen Schreibtisch räumen. Doch auch in anderen bayerischen Gemeinden wurden schon Rathauschefs verbannt - etwa weil sie Geld veruntreut hatten.

Taufkirchen, Bürgerversammlung

Die Landesanwaltschaft Bayern hat am Dienstag den Taufkirchner Bürgermeister Jörg Pötke vorläufig des Amtes enthoben.

(Foto: ANGELIKA BARDEHLE)

Vom Volk gewählt, vom Staat entlassen: Dass bayerische Bürgermeister, Landräte oder Bezirkstagspräsidenten ihr Amt vorzeitig verlieren, ist im Freistaat eher die Ausnahme, kommt aber dennoch vor. Der jüngste Fall spielt im Süden Münchens, wo am Dienstag die Bayerische Landesanwaltschaft den Taufkirchner Bürgermeister Jörg Pötke vorläufig des Dienstes enthob. Dem 66-Jährigen wird eine "Verletzung der Fürsorgepflicht in grobem Maße gegenüber seinen Mitarbeitern" vorgeworfen, was die Landesanwaltschaft als "schweres Dienstvergehen" wertet.

In ihrer Entscheidung stützt sich die Behörde auf Artikel 39 des Bayerischen Disziplinargesetzes. Danach kann ein Beamter vorläufig des Dienstes enthoben werden, wenn im Disziplinarverfahren "voraussichtlich" eine Entlassung erfolgen werde oder "wenn durch das Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden". Nachdem Pötke unter anderem Mobbing der Rathausmitarbeiter vorgehalten wird, sah die Landesanwaltschaft offenbar den Dienstbetrieb gefährdet. Pötke wird nun beim Verwaltungsgericht mit einem Eilverfahren gegen diese Entscheidung vorgehen.

In einem vergleichbaren Fall hatte die Landesanwaltschaft vor fünf Jahren den Straßlacher Bürgermeister Walter Brandl vorläufig aus dem Rathaus verbannt. Wie in der Taufkirchner Sache waren es unschöne Vorgänge im Rathaus und vor allem im Gemeinderat, die den promovierten Juristen hatten stolpern lassen. Es habe im Rathaus von Straßlach Vorkommnisse gegeben, "die man so nicht lassen kann", hatte damals ein Sprecher der Landesanwaltschaft die Härte gegen Walter Brandl begründet.

Die Gründe für ein Disziplinarverfahren können vielfältig sein: Körperverletzung, eine Trunkenheitsfahrt, Untreue, Meineid oder eben Mobbing. Bei Franz Josef Lerzer (CSU) in Greding war es Veruntreuung von Geld. Auch ist es schon vorgekommen, dass ein Bürgermeister Meineid geleistet hatte, wie Rettenbachs Bürgermeister Georg Giesbeck (FW), der unangeschnallt bei einer Dienstfahrt erwischt worden war und dies abstritt. Oder der ehemalige Bürgermeister von Wolnzach, Josef Schäch (FW), der durch zwei ungenehmigte Kredite der Gemeinde einen Schuldenberg hinterlassen hatte. Das Urteil ist mittlerweile aber aufgehoben.

Das Vergehen muss nicht zwingend im Dienst begangen worden sein. "Bei kommunalen Wahlbeamten ist das wie bei Laufbahnbeamten: Das außerdienstliche Verhalten prägt mit", sagt Hans-Peter Mayer, der sich beim Gemeindetag um Personalfragen kümmert.

Wird ein Strafverfahren gegen einen Bürgermeister eingeleitet, gibt es parallel dazu ein Disziplinarverfahren. Das Gesetz sieht sogar eine automatische Dienstenthebung von Beamten vor, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt wurden. Das passierte vor zwei Jahren dem damaligen Bürgermeister der Gemeinde Vestenbergsgreuth, Rudi Müller, der wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt worden war. Bei Pötke ist die Sache anders: Gegen ihn wird nicht strafrechtlich ermittelt. Wäre er mit der Gemeindekasse durchgebrannt, wäre seine Personalie leichter für die Landesanwaltschaft zu handhaben gewesen.

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