Diskussion in Bamberg:Knast in Bestlage

Diskussion in Bamberg: Schöner büßen: Das fürstbischöfliche Zuchthaus, erbaut im 18. Jahrundert, liegt in der Bamberger Altstadt, direkt am Ufer der Regnitz.

Schöner büßen: Das fürstbischöfliche Zuchthaus, erbaut im 18. Jahrundert, liegt in der Bamberger Altstadt, direkt am Ufer der Regnitz.

(Foto: David Ebener/picture alliance/dpa)

Der Gefängnisbau liegt direkt am Ufer der Regnitz, eingerahmt von Dom und Kloster. Nun erwägt Bamberg, die Justizvollzugsanstalt im Zentrum zu schließen und das historische Gebäude anders zu nutzen. Doch viele Anwohner können sich bessere Nachbarn als die Häftlinge nicht vorstellen.

Von Kai Ober, Bamberg

Ein Gefängnis gehört für gewöhnlich nicht zu den öffentlichen Einrichtungen, die die Leute sich zwei oder drei Hausnummern weiter wünschen. Ganz anders in Bamberg. Die JVA Bamberg liegt mitten im Sandgebiet, im Kern der historischen Altstadt mit ihren verwinkelten und engen Gassen. Die Bewohner des Viertels mögen über vieles klagen, über Wildpinkler oder die Touristenströme. Aber einen besseren Nachbarn als das Gefängnis wollen sich einige hier nicht vorstellen.

Erschrocken hat der Bürgerverein Sand zur Kenntnis genommen, dass die JVA schneller als gedacht geschlossen werden soll. Eine Machbarkeitsstudie des bayerischen Justizministeriums, die kürzlich öffentlich gemacht wurde, empfiehlt einen Gefängnis-Neubau auf dem frei werdenden Gelände des Munitionslagers der US-Streitkräfte. Und das nicht erst in 15 bis 20 Jahren, wie das Justizministerium ursprünglich geplant hatte. In sieben Jahren könnten schon die ersten Gefangenen in einen Neubau einziehen.

"Die JVA ist Teil des Stadtviertels und wunderbar integriert. Warum das alles kaputt machen?", fragt Ulrike Heucken, stellvertretende Vorsitzende des Bürgervereins Sand und langjährige Bamberger Stadträtin für die Grün-Alternative Liste. In den vergangenen drei Jahrzehnten sei ein harmonisches Verhältnis entstanden.

Heuckens ehemaligen grünen Kollegen im Stadtrat pflichten ihr bei: "Ganz generell finde wir am bisherigen Standort positiv, dass die JVA mitten im Herzen Bambergs liegt und somit das Thema Strafvollzug und natürlich auch Resozialisierung zumindest räumlich nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt ist", sagt Fraktionsgeschäftsführerin Sylvia Schaible.

Solidarität mit den Häftlingen

Jedes Jahr im August, wenn die Sandkerwa das Gassengewirr unterhalb des Dombergs in ein Freudenfest verwandelt, zeigen die Bewohner ihre Solidarität mit den Insassen. Dann, wenn den Gefangenen der Freiheitsentzug besonders hart ins Gedächtnis gerufen wird, feiern der Bürgerverein und die Gefangenen der JVA zusammen, grillen Würstchen und verteilen gefüllte Kräpfla, damit den Gefangenen zumindest der Geschmack der Kerwa nicht verwehrt bleibt.

Die gute Nachbarschaft wird nun bald Geschichte sein. Der Gefängnisbau aus dem 18. Jahrhundert liegt direkt am Ufer der Regnitz, eingerahmt von Dom und Kloster Michaelsberg. Für ein Gebäude in dieser Lage und Größe sind viele Nutzungen vorstellbar. Die Universität zum Beispiel hält ständig nach neuen Räumlichkeiten Ausschau, weil die Zahl der Studenten stetig steigt. Außerdem leidet die Stadt unter einem akuten Mangel an Wohnungen, auch wenn der Abzug der amerikanischen Streitkräfte in den nächsten Jahren das Problem abmildern wird. Dadurch werden große Flächen frei.

Nachtclub statt Gefängnis in Landshut

Schon seit einigen Jahren wird deshalb über einen Neubau der JVA und die Schließung des alten Standorts diskutiert. Die Bamberger Landtagsabgeordnete, Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU), ist die prominenteste Befürworterin eines Umzugs der JVA. Als Begründung für eine rasche Schließung des Stadtgefängnisses nennt sie die Haftbedingungen in den historischen Mauern: "Das Haus ist dringend sanierungsbedürftig. Die Haftbedingungen entsprechen in keiner Weise dem Komfortstandard einer modernen Haftanstalt", sagt Huml. Dauerhafte Mehrfachbelegungen seien in der Anstalt keine Ausnahme.

Die Stadt Bamberg betont, dass es noch keine Planungen gibt und das Schicksal des fürstbischöflichen Zuchthauses noch völlig offen ist. Eine Schließung, so eine Sprecherin der Stadt, böte aber einen Entwicklungsraum, insbesondere für die Uni.

Nicht nur Bamberg hadert mit seinem Gefängnis in Altstadtlage. Auch Landshut beherbergte bis in das Jahr 2008 Gefangene in seiner alten JVA, die zu Füßen der Burg Trausnitz liegt. Das um 1900 erbaute Gefängnis galt spätestens in den 1990er Jahren als zu eng und unsicher. Ein Neubau auf grüner Wiese wurde geplant. 2009 zogen die ersten Häftlinge in die neu gebaute JVA Landshut ein. Die Diskussion um die Folgenutzung der denkmalgeschützten Immobilie hält derweil an.

Im Gespräch sind Hotel- oder Gastronomiegewerbe. Auch ein Theater ist denkbar. Vorerst macht sich ein Diskotheken-Betreiber das Flair der düsteren Haftanstalt zu nutze und betreibt in dem leer stehenden Zellenblock einen Nachtclub mit dem Namen "Knast". Wie das Areal langfristig genutzt wird, ist unklar.

Für die Bambergerin Ulrike Heucken, die seit vergangenem Herbst für die Grünen im oberfränkischen Bezirkstag sitzt, ist Landshut ein mahnendes Beispiel. Sie warnt vor der Zerstörung einer gewachsenen Stadtstruktur: "Das Gefängnis kann scheinbar nicht früh genug geschlossen werden, während über die Folgenutzung des alten Gefängnisses kaum diskutiert wird."

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