Koalitionsvertrag:Der Weg ins Gigabit-Zeitalter ist weit

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Heiß begehrt: Während niemand gerne Funkmasten in der Nähe hat, warten alle aufs Breitbandkabel. (Foto: Carsten Rehder/dpa)

Mobilfunk mit 5 G, Gigabit-Zeitalter, Blockchain: Dem soll sich in Bayern zukünftig ein Digitalministerium widmen. Leicht wird das nicht. Ein Überblick über die Pläne von CSU und Freien Wählern.

Von Maximilian Gerl, München

Bisher war das Sachgebiet verschiedenen Ministern und Staatssekretären zugeordnet, nun erfährt es eine Aufwertung: Zum ersten Mal soll es in Bayern ein Ministerium für Digitales geben. CSU und Freie Wähler greifen eine Idee auf, die von der Digitalwirtschaft seit Längerem gefordert wird und über die auch schon Vertreter von FDP und SPD laut nachgedacht haben.

Viele Details über das künftige Ministerium sind noch unklar: etwa, wer es führen soll, wo es angesiedelt wird oder ob es eher eine Koordinierungsstelle wird. Was seine Aufgaben seien könnten, darauf gibt der Koalitionsvertrag Hinweise. Drei Seiten sind darin der "digitalen Zukunft" gewidmet. Ein unvollständiger Überblick:

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Internet

Ein Dauerbrenner - und eine Dauerbaustelle. Gerade außerhalb von Ballungszentren bleibt der Versorgungsgrad bisweilen hinter den Ansprüchen zurück; dabei klagen Unternehmen immer wieder, dass sie höhere Bandbreiten benötigten. Schon im Regierungsprogramm von 2008 versprach die CSU, für Höchstgeschwindigkeiten beim Internet zu sorgen. Nun will sie zusammen mit den Freien Wählern nicht weniger, als "Bayern ins Gigabit-Zeitalter" führen. Bis 2025, so das Ziel, sollen alle Haushalte "gigabitfähig" gemacht werden.

Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg: Laut einer Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) verfügen zwar fast 90 Prozent der Haushalte über sogenanntes schnelles Internet; das bedeutet allerdings nur, dass sie mit mindestens 30 Mbit pro Sekunde Inhalte aus dem Netz herunterladen können. Über reine und leistungsstarke Glasfaseranschlüsse verfügen nur rund zehn Prozent. Die Staatsregierung hat in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro investiert und ein Förderprogramm für die Kommunen aufgelegt. Doch allein damit dürfte das Hochleistungsnetz der Zukunft nicht zu stemmen sein. Hilfe versprechen sich die Koalitionäre von einer neuen Pilotförderung. Pläne dafür existieren bereits - allerdings, so haben Vertreter der Staatsregierung immer wieder betont, hänge die Umsetzung vor allem davon ab, ob die EU-Kommission ihr Placet dazu gibt.

Mobilfunk

Viel zu tun gibt es auch beim Mobilfunk. Funklöcher sind im Freistaat allgegenwärtig. Inmitten der namibischen Wüste hat man für gewöhnlich besseren Handyempfang als während einer Zugfahrt von München nach Rosenheim. Noch vor der Wahl hatte die Staatsregierung ein neues Förderprogramm vorbereitet, das Ziel: 500 neue Funkmasten in schlecht versorgten Gebieten zu errichten. Dieses Programm soll nach Willen der Koalitionäre sofort starten.

Interessanter - und radikaler - ist jedoch ein anderer Punkt, für den FW-Chef Hubert Aiwanger während des Wahlkampfs geworben hatte: National Roaming soll erlaubt werden. Dabei können sich Handys automatisch in das beste verfügbare Netz einwählen. Anfallende Zusatzkosten verrechnen die Mobilfunkanbieter untereinander. Ein Problem dabei: National Roaming müsste wohl auf Bundesebene beschlossen werden. Ein anderes Hemmnis: In der Vergangenheit erwies es sich oft als schwierig, neue Maststandorte zu finden. Ähnlich wie bei Windrädern wollen nur wenige Bürger die Antennen im Vorgarten stehen sehen. Zusätzlich kompliziert wird die Sache, weil etliche bestehende Masten nachgerüstet werden müssen, um mit dem künftigen Mobilfunkstandard 5 G kompatibel zu sein.

Förderprogramme und Innovationen

Als im Frühjahr 2017 dem sogenannten Digitalbonus das Geld ausging, machten viele Unternehmer im Freistaat lange Gesichter. Das Förderprogramm soll Digitalisierungsmaßnahmen im Betrieb finanziell unterstützen - und traf auf so große Nachfrage, dass die erste Tranche in Windeseile ausgegeben war. Das Wirtschaftsministerium stockte eilig die Summen auf. Inzwischen beurteilen auch Wirtschaftsverbände den "Digitalbonus" als erfolgreich. Entsprechend positiv bewerten sie die Ankündigung, dass er fortgeführt werden soll. Andere Programme bedürfen dagegen der Ausarbeitung. So soll es Förderungen für die "neuen digitalen Geschäftsmodelle" geben.

Namentlich werden unter anderem die Gebiete künstliche Intelligenz, Automatisierung, Virtual Reality und 3-D-Druck genannt. Ambitioniert erscheint das Vorhaben, eine bayerische Blockchain-Strategie auf den Weg zu bringen. Gegebenenfalls soll die Vermittlung "der notwendigen Grundlagen dieser Technologie" sogar in die Lehrpläne aufgenommen werden. Vereinfacht sind Blockchains dezentral verteilte Datenbanken, die sich selbst verwalten. Das macht die Technologie weniger anfällig für Fälschungen - und attraktiv für verschiedene Anwendungen, zum Beispiel beim bargeldlosen Bezahlen. In einer Bewertung der VBW heißt es hierzu, das Thema sei fraglos relevant: "Vor der Aufnahme in die Lehrpläne muss aber die Erprobung nützlicher Anwendungsfälle stehen."

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Der Alltag wird immer digitaler, ob man will oder nicht. Darauf müssen sich auch Bayerns Beamte einstellen. Wie digital die Verwaltung heute schon ist, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen. Manche Studien bescheinigen Bayerns Behörden Aufholbedarf; andere sehen sie im deutschlandweiten Vergleich in einigen Dingen vorn, etwa beim elektronischen Behördenkontakt. Ein Schritt in die richtige Richtung dürfte das digitale Bürgerportal sein, das Bayern zusammen mit anderen Bundesländern etablieren will. Dort sollen möglichst alle Verwaltungsdienstleistungen elektronisch verfügbar gemacht werden. Auch die Digitalisierung der Justiz soll nach Willen von CSU und Freien Wählern voranschreiten, der elektronische Rechtsverkehr flächendeckend ausgebaut werden. Wie genau, bleibt fürs Erste unklar - eine der Aufgaben, die auf einen neuen Digitalminister warten.

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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