Digitalisierung:Bayern will den Breitbandausbau fördern - mehr als die EU erlaubt

Glasfaserausbau in Baden-Württemberg

Der Breitbandausbau läuft zwar bereits in Bayern - das Ergebnis ist häufig trotzdem zu langsam.

(Foto: dpa)
  • 96 Prozent aller Kommunen in Bayern befinden sich laut Heimatministerium in einem Förderprogramm für den Breitbandausbau oder haben es bereits abgeschlossen.
  • Das Problem aber: Bayern würde gerne mehr tun, darf aber nicht.
  • Wenn die Leitung bereits Geschwindigkeiten von 30 Megabit pro Sekunde leistet, sind dem Freistaat die Hände gebunden.
  • Eine Förderung noch höherer Kapazitäten würde, so eine EU-Richtlinie, den Wettbewerb verzerren.

Von Maximilian Gerl und Wolfgang Wittl, Kammerstein/München

Schnelles Internet? Da hat Rüdiger Krug aus dem mittelfränkischen Kammerstein ein schönes Beispiel. Seine Firma "Franken Lehrmittel" hat sich auf Medientechnik spezialisiert. "Stellen Sie sich vor", sagt Krug, "Sie sind in einer Internetkonferenz", wollen dem Kunden eine Lösung für sein Problem präsentieren - und die kommt nicht an. Weil das Internet zu langsam ist. Aber irgendwie müsse er dem Kunden die Mediadaten zuschicken. "Ein USB-Stick ist meistens zu klein", ein persönliches Treffen sei nicht immer möglich, die Reisen und der Zeitverlust "ein Kostenfaktor". Ganz zu schweigen vom Imageverlust. "Wir verkaufen ja genau die Produkte, für die oft Internet nötig ist", sagt Krug.

Wie Krug geht es vielen Unternehmern in Bayern. Sie klagen über eine zu langsame Internetverbindung. Im Freistaat gibt es zwar ein Förderprogramm für den Breitbandausbau, das kommt gut voran. 96 Prozent aller Kommunen befinden sich laut Heimatministerium in einem Förderverfahren oder haben es bereits abgeschlossen. Das Problem aber: Bayern würde gerne mehr tun, darf aber nicht. Wenn die Leitung bereits Geschwindigkeiten von 30 Megabit pro Sekunde leistet, sind dem Freistaat die Hände gebunden. Eine Förderung noch höherer Kapazitäten würde, so eine EU-Richtlinie, den Wettbewerb verzerren. Das reicht, um sich im Netz ein Video in guter Qualität anzusehen. Zum Arbeiten reicht es oft nicht. Die Wirtschaft stöhnt.

Genau das möchte die Staatsregierung nun ändern. Ziel sei es, die Definition der Europäischen Union vom schnellen Internet anzuheben, sagt der für den Breitbandausbau zuständige Staatssekretär Albert Füracker. Deshalb werde sein Chef, Finanzminister Markus Söder, demnächst nach Brüssel fahren. Im Gepäck wird Söder dann die Erkenntnisse eines Pilotmodells haben, mit denen er beweisen will, wie es um den Bedarf wirklich bestellt ist.

Sechs Kommunen aus ganz Bayern sind an dem Projekt beteiligt: Ebersberg, Hutthurm, Neutraubling, Kulmbach, Kleinostheim und auch Kammerstein. Ihre Beispiele sollen die EU dazu bewegen, dass der Freistaat über die 30 Mbit hinaus fördern darf. Wenn die EU diesen sechs Beispielen zustimme, sei das eine Blaupause für ganz Bayern, sagt Füracker. Die Staatsregierung würde am liebsten die ganz schnelle Glasfaser in die Häuser bringen - auch mit dem sogenannten Höfe-Bonus für Gemeinden mit abgelegenen Siedlungen, der von 1. Juli an gestartet wird. Die Kommunen freuen sich über die "Gigabit-Offensive" des Ministeriums.

"Eine tolle Sache" sei das, um in Bereichen, in denen es "aktuell vielleicht etwas zwickt, nachzusteuern", heißt es etwa aus dem Rathaus in Kulmbach. Ähnlich sieht man das in Kammerstein. "Wir haben 16 Dörfer", berichtet Bürgermeister Walter Schnell, häufig seien dort 50 Mbit und mehr empfangbar. "Nur im Gewerbepark nicht." Immerhin: Krugs Firma ist mit einer 50-Mbit-Leitung angebunden. Das reiche nicht immer. Eigentlich wäre ein Ausbau auf Gigabit-Geschwindigkeiten nötig, sagt Krug. Er wäre bereit, einen Teil der Kosten für einen Glasfaseranschluss zu übernehmen. Große Konzerne könnten sich eine Standleitung kaufen, aber für kleine und mittelständische Betriebe sei das zu teuer. "Ich war neulich in Dänemark", sagt Krug, dort könne man sogar in Bussen Videos streamen. "Verglichen damit ist Deutschland ein Entwicklungsland."

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