Organisierte Kriminalität:Falsche Pflegekräfte sollen deutschlandweit Seniorenheime geplündert haben

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Vermeintliche Pflegekräfte sollen ältere Menschen in Bayern und anderen Bundesländern um ihre Wertsachen gebracht haben. (Foto: imago)

Mitglieder einer Diebesbande sollen arglose Pflegeheimbewohner um Schmuck, Wertsachen und viel Bargeld gebracht haben. Traunsteiner Ermittler haben sieben Verdächtige festgenommen.

Von Matthias Köpf, Traunstein

Dass unter den wechselnden Pflegekräften, die da regelmäßig ins Haus oder ins Zimmer kommen, immer wieder mal ein neues Gesicht ist, das sind viele ältere und pflegebedürftige Menschen gewohnt angesichts der Personalfluktuation in der Branche. Die Leute, denen die Staatsanwaltschaft im oberbayerischen Traunstein nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten auf die Spur gekommen ist, sind allerdings wohl immer nur einmal da gewesen– und richtige Pflegekräfte waren sie auch nicht. Sondern mutmaßliche Mitglieder einer deutschlandweit agierenden Diebesbande, die sich als angebliche Pflegekräfte in Senioreneinrichtungen eingeschlichen und dort die Bewohnerinnen und Bewohner um Wertsachen und Bargeld gebracht haben sollen. Sieben Verdächtige sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

Ihren Ausgang nahmen die Ermittlungen der Traunsteiner Kriminalpolizisten und Staatsanwälte im Juni in einer Senioren- und Pflegeeinrichtung im nahen Grassau. Dort sollen einige der Beschuldigten als vermeintliche Pfleger die Bewohner in Gespräche verwickelt und abgelenkt haben. Währenddessen soll mindestens ein anderes Mitglied der Bande in der Wohnung unbemerkt Beute gemacht haben, was den betagten Bewohnern erst hinterher auffiel.

Den Ermittlern fiel dann auf, dass es im ganzen Bundesgebiet Taten nach demselben Muster gegeben hatte. Die örtliche Kriminalpolizei bildete eine Ermittlungsgruppe, die Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung grenzüberschreitender und organisierter Kriminalität zog alle Verfahren an sich und erwirkte nach längeren Ermittlungen Haftbefehle gegen sieben mutmaßliche Mitglieder der Bande. Einen 34-Jährigen und eine 32-jährige Frau nahmen die Ermittler nach eigenen Angaben am 6. November im Auto auf dem Weg nach Bayern in Baden-Württemberg fest.

Kurz darauf wollten Polizisten zwei Männer und eine Frau im Alter von 31, 32 und 33 Jahren im Auto am Weg nach Nordrhein-Westfalen anhalten. Die Festnahme gelang laut Staatsanwaltschaft erst mithilfe von Spezialkräften und etlichen Polizeistreifen. Vor einer Woche gingen der Polizei noch ein 38-Jähriger und dessen ein Jahr ältere Ehefrau ins Netz. Sie alle sollen in wechselnder Besetzung arglose Pflegepatienten bestohlen haben, außer in Grassau etwa noch in Traunstein, Rimsting, Bernau, Taufkirchen, Durach, Kassing, Wiggenbach und Weiden sowie in Gengenbach, Bad Säckingen und in Lübben im Spreewald.

Die Bande agierte nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Nordrhein-Westfalen aus. Dort sollen sie die Wertsachen der arglosen Senioren auch zu Geld gemacht haben. In mehreren Pfandleihhäusern in und um Duisburg habe man Goldschmuck, Diamantringe und Goldbarren „in beachtlichem Umfang“ sichergestellt, heißt es von der Staatsanwaltschaft Traunstein. Auch Bargeld haben die falschen Pflegekräfte demnach erbeutet, in einem Fall rund 30 000 Euro auf einmal. Tatorte waren nach Angaben eines Sprechers nicht in erster Linie Pflegeheime mit festen Stationen, sondern überwiegend Einrichtungen für betreutes Wohnen, in denen die Bewohner Pflegeleistungen nach Bedarf buchen können.

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