Im Leben des Politikers Markus Söder wird es wahrscheinlich keine zweite Woche mehr wie diese geben: Am Dienstag wurde er im Landtag als Ministerpräsident vereidigt. Am Mittwoch sprach er beim Staatsakt zum hundertsten Geburtstag des Freistaats Bayern. Im Münchner Nationaltheater war die Elite des Landes versammelt. Es bot sich für ihn eine geradezu einzigartige Gelegenheit, im Zenit seiner Karriere eine Rede zu halten, die in Erinnerung bleibt und ihn als Staatsmann über die Niederungen des Alltagsgeschäfts erhebt.
Leider hat Söder die Chance verstreichen lassen, um es mal vorsichtig zu formulieren. Der neue SPD-Fraktionschef Horst Arnold ist auch zwei Tage danach immer noch fassungslos, was er zu hören bekam: "Es hatte nicht einmal das Niveau der Sendung mit der Maus", sagt Arnold über Söders Rede. Geschichtsvergessen sei sie gewesen, sehr enttäuschend, oberflächlich. Arnold meint damit nicht einmal die Plattitüden wie "Leben und leben lassen" als vermeintlich urbayerischen Charakterzug, ohne die Söder in seiner Rede nicht auskam. Er regt sich auch gar nicht so sehr darüber auf, dass der Ministerpräsident ausgerechnet in der Feierstunde der Republik explizit seine "Königliche Hoheit" Max Herzog in Bayern begrüßte.
Arnold und etliche andere Gäste finden es aber nur schwer erträglich, dass Söder in seiner Rede den ersten Ministerpräsidenten des Freistaats, Kurt Eisner, nicht ein einziges Mal erwähnte. Dabei war es der Sozialist Eisner, der am 8. November 1918 den Freistaat ausgerufen hatte - und dies bald darauf mit seinem Leben bezahlte. Und es war der Sozialdemokrat Wilhelm Hoegner, der die Verfassung von 1946 maßgeblich ausarbeitete. Auch wenn das Söder und etliche in der CSU nicht hören wollen: An den Wendepunkten der Geschichte marschierten in Bayern Linke voran.
Es hätte von staatsmännischer Größe gezeugt, dies zu würdigen. Während Söder im Nationaltheater seine unsägliche Rede hielt, besuchten die Nachfahren von Kurt Eisner dessen Grab auf dem israelitischen Friedhof in München. Sie waren angeblich nicht eingeladen. Wie hatte Söder doch am Dienstag in seiner Antrittsrede über die politischen Gegner gesagt? Man müsse lernen, einander wertzuschätzen.
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DAS KOMMT AUF UNS ZU
Im Mittelalter gab es einen politischen Brauch, der es in gewisser Weise bis in die Neuzeit geschafft hat. Nach Erringen der Macht vergab ein neuer Landesfürst traditionell Lehen an seine Anhänger, auf dass sie ihm künftig eine Hülfe sein möchten. Ähnliches - allerdings mit demokratischem Mandat - wird Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag zelebrieren, wenn er bekannt gibt, wer es in sein neues Kabinett schafft und wer nicht. Bei Söders erster Kabinettsumbildung im Frühjahr hatte es ja die eine oder andere Überraschung gegeben. Mal sehen, wen es diesmal trifft.
Sicher einen Schlag, nämlich einen Gongschlag, wird es in Würzburg tun. Sobald dieses Zeichen um 12 Uhr Mittag ertönt, darf Frankenwein des Jahrgangs 2018 ausgeschenkt werden, die "Jungen Frank'n", wie es in einer Ankündigung heißt. In diesem Sinne: zum Wohle und auf gute Gesundheit. Und wer bei der Kabinettsbildung nicht berücksichtigt wurde, findet ja vielleicht im Wein etwas Trost.