Süddeutsche Zeitung

Die Woche:Held der Woche

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Am Mittwochmorgen reichte es Christian Werner, 39. "Immer öfter" müssten sich seine Mitarbeiter beleidigen lassen, sagt er. Wenn sie unbeabsichtigt einen Artikel doppelt über die Kassen zögen ("Betrugsversuch!") oder ein Produkt defekt sei und Kunden nicht sofort Recht bekämen. Also tippte der Chef von fünf Edeka-Filialen im Landkreis Lichtenfels einen Post auf Facebook. 21 Zeilen. Die Zeit war gekommen, seine Mitarbeiter in aller Öffentlichkeit zu verteidigen. Kurz zuvor hatte er aufgeschnappt wie eine etwa 30-jährige Mutter ihr Kind zurecht wies und dabei auf die Verkäuferin hinter der Fleischtheke zeigte: "Wenn Du weiterhin nichts für die Schule lernst, dann stehst Du auch mal dort hinten!", so zitiert sie der Geschäftsführer. Seine Antwort ist deutlich: "Dem können wir nicht zustimmen! Wenn Ihr Kind weiterhin nichts lernt, dann steht es in der Schlange am Arbeitsamt!"

Er habe sich wehren wollen gegen das Vorurteil, eine Ausbildung sei weniger Wert als ein Studium, sagt er. Auf Facebook lautete das so: "In unseren Filialen arbeiten (...) nur gut ausgebildete Fachkräfte, mit Schulabschluss und abgeschlossener Berufsausbildung, viele mit mittlerer Reife, einige sogar mit Abitur." Sein Plädoyer für einen anständigen Umgang war dann auch unmissverständlich: "Einen Abschluss in Empathie und Menschlichkeit, Respekt und Wertschätzung erhält Ihr Kind nicht in der Schule." Das Lob für den Post war groß: Allein bis Freitagnachmittag reagierten mehr als 77 000 Nutzer, auf Twitter gab es mindestens 26 000 Likes. Auf die Frage, wie die Frau die Bemerkung meine, habe diese nur "komisch geguckt". Doch Werner ist nicht nachtragend: Zwar habe sie sich nicht mehr gemeldet, würde aber "selbstverständlich freundlich bedient". Und das Kind "bekäme eine Gelbwurst"

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SZ vom 01.06.2019 / clli
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