Die Linke in Bayern:Ein ernstes Problem

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Gezänk um Posten, Macht und Geld: Der bayerische Landesverband der Linken ist heillos zerstritten - aber in einer Sache einig: Gut, dass der designierte Linken-Chef Klaus Ernst aus Bayern verschwindet.

Uwe Ritzer

Nur in einem sind sich seine innerparteilichen Freunde und Feinde einig: Wenn Klaus Ernst zum Bundesvorsitzenden der Linken aufsteigt, entrückt er damit den heftigen Auseinandersetzungen seines hoffnungslos zerstrittenen bayerischen Landesverbands.

Sogar seine Gegner in Bayern sind froh über den Aufstieg von Klaus Ernst - denn so sind sie den den Schweinfurter Gewerkschaftsfunktionär los. (Foto: Foto: AP)

Die einen finden das gut, weil sie Ernst nicht wünschen, in dem wilden Gezänk um Macht, Pöstchen, Eitelkeiten, persönliche Animositäten und vor allem Geld unter die Räder zu geraten.

Die anderen sind froh, den Schweinfurter Gewerkschaftsfunktionär los zu sein. Sie machen ihn wesentlich mitverantwortlich dafür, dass die bayerischen Linken in diesen Tagen eine Zerreißprobe erleben. Parteikreise bauen sogar eine "öffentlichkeitswirksame Spaltung" als Drohszenario auf.

Dass die Landesvorsitzende Eva Bulling-Schröter samt einigen Getreuen vergangenen Samstag wutentbrannt eine Sitzung des Landesvorstands vorzeitig verließ und dem Gremium hernach öffentlich die Politikfähigkeit absprach (die SZ berichtete), hat die Selbstzerfleischung der Linken weiter angestachelt.

Tags darauf kündigte die Landesschatzmeisterin ihren Rücktritt an. Am Dienstag warf jenes geschäftsführende Vorstandsmitglied hin, das sich bislang um den Internetauftritt kümmert, und trat dann sogar aus der Partei aus.

Im Abschiedsbrief ist von "peinlichen Spielchen", "Verrat an den Wählern" und gekauften Stimmen die Rede. Genossen würden "für passendes Abstimmen und Handeln bezahlte Posten versprochen." Nun droht weiteres Ungemach: Einige Kreisverbände haben dem Vernehmen nach bei der Bundesschiedskommission der Partei beantragt, den letzten Landesparteitag für ungültig zu erklären. Damit wären alle dort gefassten Beschlüsse hinfällig.

Es sind vor allem Verteilungskämpfe, die bei den bayerischen Linken toben. Man kabbelt sich um hauptamtliche Posten, Büros und die Verteilung der Mitgliedsbeiträge. Sofern solche überhaupt bezahlt werden.

Gemäß einer parteiinternen Aufstellung, die der SZ vorliegt, zahlten 2008 knapp 38 Prozent der Parteimitglieder überhaupt keinen Beitrag. Und während Meinungsumfragen die Linke im Freistaat momentan knapp über der Fünf-Prozent-Marke sehen, laufen ihr seit geraumer Zeit Mitglieder davon. Zwischen 1. Dezember 2008 und 15. November 2009 traten 382 enttäuschte Genossen aus der Partei aus. Die Gesamtzahl der Mitglieder stagniert bei etwa 3200.

Die sind sich eigentlich einig, wenn es um den Kampf gegen Hartz IV, die Afghanistan-Politik oder die Bewertung des Landesbank-Desasters geht. Aber darum geht es im Landesverband ja nicht. Sondern etwa um die Frage, ob sich die sechs Bundestagsabgeordneten gerade gegenüber ihrer Partei verselbständigen und ihren eigenen hauptamtlichen Apparat aufbauen, oder aber nur professionelle Strukturen schaffen.

Wer bei den Linken momentan gegen wen kämpft und warum ist im übrigen so unübersichtlich wie die Partei selbst. Gewerkschafter, Pragmatiker, Theoretiker, Maoisten, Trotzkisten, Sektierer, Altkommunisten und andere Grüppchen bilden zig kleine Lager, die sich aus Prinzip oder alter Gewohnheit bekämpfen.

Klaus Ernst kommt dabei schon länger nicht mehr gut weg. Seine Ergebnisse bei internen Abstimmungen waren fast immer mau. Zuletzt wählte ein Parteitag anstatt seines unterfränkischen Gewerkschafterkumpels Wolfgang Ziller lieber den politisch völlig unbeleckten Franc Zega zum Co-Landeschef neben der Ingolstädter Bundestagsabgeordneten Eva Bulling-Schröter.

Die weiß sich nun nicht mehr anders zu helfen, als die Basis um Hilfe gegen ihre Vorstandskollegen zu rufen. Die Kreisverbände müssten die Sache nun klären, sagte sie nach dem Eklat vom Samstag. Ihren Auszug aus der Sitzung halten Gegner übrigens für inszeniert. "Man wollte den Showdown provozieren", sagt ein Genosse.

Bulling-Schröter war früher so etwas wie die gute Mutter der kleinen PDS. Seit der Vereinigung mit der WASG zur größeren Linken fällt es ihr jedoch immer schwerer, den roten Intrigantenstadl zusammenzuhalten. In Parteikreisen wird bereits spekuliert, als nächstes könnte womöglich der Landesvorstand komplett zurückzutreten.

© SZ vom 28.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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