"Die Klugscheißer" wechseln zur ARD:Die doppelte Negation im Leberkäs

Lesezeit: 7 Min.

Kandidat eins: Rick Kavanian (Foto: Getty Images)

Zwangsberatung für Politiker: Zwei Jahre lang haben sich "Die Klugscheißer" in ihrer Satiresendung um das Image der Politik gekümmert, jetzt wechseln sie vom Bayerischen Fernsehen zur ARD. Zeit für den Test: Rick Kavanian, Monika Gruber oder Bruno Jonas - wer ist der beste Schlaumeier?

Notiert von Susanne Hermanski

1. Süddeutsche Zeitung: Warum ist Bairisch lustig?

Rick Kavanian: Weil Bairisch Parallelen zum Chinesischen hat, ist es lustig! All die Orte auf "ing": Plattling, Aying, Erding . . . Und diese klare phonetische Undeutlichkeit. Das hat alles etwas sehr Ehrliches, und das kann wahnsinnig lustig sein.

2. Warum ist Bayerischsein nicht lustig?

Bayerischsein wird zu sehr mit einer starken religiösen Tradition verknüpft, mit Landwirtschaft, Langsamkeit, Welt-Unoffenheit. Aber das ist oft falsch, schauen Sie mich an.

3. Was wäre Ihr Lieblingsalternativberuf?

Früher wollte ich Kinderarzt werden. Mittlerweile interessiert mich allerdings eher der psychologisch-psychiatrische Bereich. Wenn ich sage, die besten Witze gelingen, wenn man das Hirn ausschaltet, meine ich das ernst. Wie gehen wir mit Träumen um? Was steckt dahinter?

4. Waren Sie schon zu Schulzeiten witzig oder ein Loser und retteten sich in den Humor?

Ich war nie der Klassenclown. Dass man den Humor gar zu seinem Beruf machen und damit sein Leben finanzieren könnte - die Vorstellung war für mich der blanke Wahnsinn. Das dämmerte mir erst durch die Zusammenarbeit mit Bully Herbig beim Radio. Als das mit dem Arztwerden nicht gleich klappte, hatte ich erst einmal ein Politikwissenschaftsstudium angefangen. Da dachte ich: Vielleicht werde ich einmal politischer Journalist. Was man halt so denkt mit 19, 20 Jahren.

5. In der ARD muss auch Meck-Pom Ihre Witze verstehen, wie machen Sie das?

Bruno und Monika treten im Osten auf und werden dort verstanden. Der Trick ist: Man darf sich keinesfalls verstellen.

6. Wie setzen Sie sich vom "Satiregipfel" oder von "Neues aus der Anstalt" ab?

Wir stehen in keiner bewussten Konkurrenz zu den anderen. Die muss man ausblenden und bloß nicht auf die Idee kommen: Die haben diesen Gag schon gemacht, den bringen wir jetzt nicht. Wir bringen ihn auf unsere Weise - g'schert Bairisch zum Beispiel.

7. Zu dritt ist man immer im Wettbewerb. Wer gewinnt?

Rivalität untereinander? Wir sind doch keine zusammencastete Boy & Girl-Band!

8. Wer hat welchen Job in Ihrem Trio infernale?

Bruno ist der Firmenchef, das Alphatier. Monika ist für die kniffeligen Angelegenheiten zuständig, für alles, was in der Gesellschaft vor sich geht. Kurz gesagt: Sie hat den Blick der Frau auf die Dinge. Und ich bezeichne mich, mit Verlaub, als der Mann für alle Fälle. Und ich geh' sogar als Frau raus, wenn's sein muss!

9. Kann man noch einen Brüderle-Witz reißen?

Ein Brüderle ist immer drin - so lange er gut ist!

10. Ihr Lieblingskurzwitz?

Das soll jetzt nicht kokett klingen, aber ich kann mir keine Witze merken. Als Dmitri in "Der Schuh des Manitu" hatte ich einen Spruch: "In meine Zeitfrei bastel ich Häuschenvogel mit dem Schwanzfuchs. - Und was macht ihr so?"

11. Wie könnte Ihre Partei heißen, wenn Sie wie Beppe Grillo eine gründen würden?

KaDeWe - Kosmopiloten der Welt! Piloten nicht Politen, gell, darauf lege ich wert!

Wenn Ländlichkeit mit Lustigkeit kompensiert wird: Monika Gruber

Schlaumeier-Kandidatin Monika Gruber (Foto: Getty Images)

1. Süddeutsche Zeitung: Warum ist Bairisch lustig?

Monika Gruber: Weil Dialekt generell spielerischer ist als die Hochsprache. Die Ausdrücke sind viel nuancenreicher.

2. Warum ist Bayerischsein nicht lustig?

Der Bayer ist oft sehr wortkarg, und man muss diese Mentalität schon kennen, um das Lustige darin zu erkennen. Ein Beispiel: Eine Herrenrunde im Wirtshaus beobachtet schweigend, wie sich ein Gast danebenbenimmt und mit der Bedienung Ärger bekommt. Als er geht, sagt einer am Stammtisch zu seinem Nachbarn nur: "Der ander!" In diesen beiden Worten liegt alle Ablehnung, ja Verachtung und trotzdem sind sie keine Vernichtung dieses "Anderen". Der ist halt anders.

3. Was wäre Ihr Lieblingsalternativberuf?

Zu Abiturzeiten habe ich daran gedacht, Ärztin zu werden. Aber dann habe ich mir überlegt, das es wahnsinnig lang dauern würde, bis ich Geld verdiene, und von der Büffelei in der Schule hatte ich derart die Schnauze voll. Alternativ würde ich ein ganz kleines Lokal aufmachen. Eines, in dem ich notfalls alles alleine bewerkstelligen kann und nicht eine Menge Angestellte brauche. Ich habe ja jahrelang gekellnert, ich kenne mich da aus.

4. Waren Sie schon zu Schulzeiten witzig oder ein Loser und retteten sich in den Humor?

In der Schule hatte ich immer das Gefühl, ich muss meine Ländlichkeit mit Lustigkeit kompensieren. Ich hatte nie die Klamotten an, die gerade in waren, eher das, was die Mama gestrickt oder was ich von der älteren Cousine geerbt hatte. Und ich habe ein sehr starkes Bairisch gesprochen, im Gegensatz zu allen anderen in meiner Klasse - obwohl Erding ja auf dem Land liegt. Die hatten eher alle so ein Dallmayr-Bairisch.

5. In der ARD muss auch Meck-Pom Ihre Witze verstehen, wie machen Sie das?

Ich bleibe auch in Meck-Pom bei mir, aber richtig derbe Ausdrücke würde ich mir vielleicht im Ersten doch sparen. Es hat keinen Sinn, Leute damit zu ärgern, dass sie etwas nicht verstehen. Ich bin in einer Bauernfamilie aufgewachsen, wir haben auch Ohnsorg Theater und Willi Millowitsch gesehen. Selbst wenn wir nicht jedes Wort von deren runtergedimmtem Kölsch oder Platt verstanden haben - dass Heidi Kabel lustig ist, war klar.

6. Wie setzen Sie sich vom "Satiregipfel" oder von "Neues aus der Anstalt" ab?

Als Konkurrenz sehe ich die anderen nicht. Das befruchtet sich doch eher. Außerdem machen wir ja keine klassische Polit-Satire mit Nummernkabarett. Wir sind eine Beratungsagentur, keine Einzelkämpfer, die Polit-Bashing betreiben. Wir beraten alle. Denn schließlich ist alles, was man heutzutage auf der politischen Bühne sieht, komplett inszeniert.

7. Zu dritt ist man immer im Wettbewerb. Wer gewinnt?

Wir drei ziehen alle am gleichen Strang. Ich mache die Sendung mit zwei Freunden, und wir sind wirklich alle total uneitel. Wir streiten uns auch nie darum, wer die bessere Pointe landen darf.

8. Wer hat welchen Job in Ihrem Trio infernale?

Der Bruno ist das Brain, zuständig für die Philosophie der Agentur und die Kundenakquise. Der Rick ist der Allrounder und technisch unglaublich versiert. Ich bin die Assistentin, die alles aufs Pragmatische 'runterbricht. Wenn der Bruno sagt: "Das Bairische ist die Negation der Negation der Negation", dann sage ich: "Jaja, koan Leberkas hob i heit no ned gessen."

9. Kann man noch einen Brüderle-Witz reißen?

Ich habe 14 Jahre meines Lebens gekellnert. Erzählen Sie mir nichts über Sexismus, was ich noch nicht erlebt habe. Und so richtig lustig fand ich die Brüderle-Witze nie. Wohl weil ich sein Vergehen nicht so richtig schlimm fand.

10. Ihr Lieblingskurzwitz?

Da fällt mir jetzt nur ein unanständiger ein: Woran merkt ein Skilehrer, dass die Saison aus ist? Weil er sein Hosentürl wieder selber zumachen muss. - Wenn wir schon bei Brüderle sind.

11. Wie könnte Ihre Partei heißen, wenn Sie wie Beppe Grillo eine gründen würden?

Ich weiß nicht, ob sich Beppe Grillo einen Gefallen getan hat damit. Ganz ehrlich: Ich wäre da zu selbstsüchtig. Ich würde immer lieber meine eigenen Lebensziele verfolgen als die einer Partei. Da würde ich doch lieber mein Café aufmachen.

Kabarett statt Kamin: Bruno Jonas

1. Süddeutsche Zeitung: Warum ist Bairisch lustig?

Bruno Jonas: Ich weiß nicht, ob Bairisch prinzipiell lustig ist. Bayerische Politik ist manchmal lustig. Auch bairisches Kabarett kann es sein. Und dann wäre da noch die bayerische Mentalität, die auf andere ungeheuer exotisch wirkt. Die Bayern pflegen ihr Image als "Wildbiesler" und sind auch sonst eher ein spielerisches Volk.

2. Warum ist Bayerischsein nicht lustig?

In allem Bayerischen - der Seele, dem Bergpanorama, dem Voralpenland - steckt ja sehr viel Lustvolles, also Lust. Und die ist ja auch der wesentliche Bestandteil des Wortes "lustig".

3. Was wäre Ihr Lieblingsalternativberuf?

Kaminkehrer wollte ich werden. Der war eine tolle Figur, wenn er so schwarz zu uns in die Metzgerei gekommen ist und mit meinem Vater die ersten Weißwürste gegessen hat. Und dann gab es natürlich den Priesterberuf. Aber man muss aufpassen, dass man sich nicht überfordert.

4. Waren Sie schon zu Schulzeiten witzig oder ein Loser und retteten sich in den Humor?

Ich war immer frech, das hängt mit den 60er Jahren zusammen. Wenn man den Eindruck hat, die Kleinstadt begrenzt dich zu sehr, dann willst du hinaus in die Welt und nimmst dieses neue, tolle Rebellentum gern an. Dass ich darin manchmal für andere unterhaltsam oder lustig war, habe ich damals natürlich nicht erkannt.

5. In der ARD muss auch Meck-Pom Ihre Witze verstehen, wie machen Sie das?

Die Wahrheit ist: Man wird überall verstanden. Und manchmal muss man sich auch einfach nur sagen: Der Zuschauer hat es vielleicht nicht kapiert, aber wichtig ist, dass er es einmal gehört hat.

6. Wie setzen Sie sich vom "Satiregipfel" oder von "Neues aus der Anstalt" ab?

Lange Zeit war Kabarett in Deutschland die Fortsetzung der SPD mit satirischen Mitteln. Das finde ich borniert. Es prickelt nicht, wenn ein Kabarettist parteipolitisch zuzuordnen ist. Zumal ich mir sicher bin, dass die Satire älter ist als Kurt Tucholsky und Karl Kraus. Der Urahn aller Kabarettisten ist Diogenes, der in seiner Tonne saß, und als der mächtigste Mann des Altertums, Alexander, zu ihm kam, sagte: "Kannste mal aus der Sonne gehen?" Das ist machtzersetzend!

7. Zu dritt ist man immer im Wettbewerb. Wer gewinnt?

Wir zählen keine Lacher aus, entwickeln gemeinsam unser Programm. Ursprünglich bin ich auf die beiden zugegangen: Die Monika hatte ich im Circus Krone mit ihrem Soloprogramm gesehen und war platt. Die stand da mit ihren Highheels, keiner einzigen Requisite und hat das Haus gerockt. Und Rick, den kannte ich vom Bullyparade-Sehen mit meinen Kindern.

8. Wer hat welchen Job in Ihrem Trio infernale?

Wir sind gleichberechtigt. Ich will gar nicht der Chef sein.

9. Kann man noch einen Brüderle-Witz reißen?

Einen Brüderle-Witz kann man immer noch machen, aber du musst halt noch einen finden, der drüber lacht.

10. Ihr Lieblingskurzwitz?

Ein jüdischer Witz: Der Rabbi geht an der Metzgerei vorbei. Er sieht in der Auslage einen Schweineschinken, geht hinein und sagt: "Ich hätte gern von dem gefillten Fisch in der Auslage." Antwortet der Metzger: "Rabi, das ist kein gefillter Fisch, das ist Schweineschinken." Sagt der Rabbi: "No! Hab ich gefragt nach dem Namen von dem gefillten Fisch. . .?"

11. Wie könnte Ihre Partei heißen, wenn Sie wie Beppe Grillo eine gründen würden?

Ich würde nie eine Partei gründen! Aber wenn, dann hieße sie "Die Klugscheißer" .

Die Klugscheißer, wöchentlich donnerstags um 22.45 Uhr nach den "Tagesthemen" in der ARD

© SZ vom 23.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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