Süddeutsche Zeitung

Die Karriere von Horst Seehofer:Einzelkämpfer mit Machtinstinkt

Horst Seehofer hat sich aus ärmlichen Verhältnissen zum bayerischen Ministerpräsidenten hochgearbeitet. Seine Karriere ist alles andere als geradlinig verlaufen, seine Arbeitswut hätte ihn fast das Leben gekostet. Nun hat er den Höhepunkt seiner Macht erreicht. Ein Werdegang in Bildern.

Horst Seehofer hat sich aus ärmlichen Verhältnissen zum bayerischen Ministerpräsidenten hochgearbeitet. Seine Karriere ist alles andere als geradlinig verlaufen, seine Arbeitswut hätte ihn fast das Leben gekostet. Nun hat er den Höhepunkt seiner Macht erreicht. Ein Werdegang in Bildern. Welch ein Ergebnis, welch ein Triumph: Bei der Landtagswahl 2013 fährt Horst Seehofer ein brillantes Ergebnis für seine CSU ein. Er kann nun wieder alleine regieren, auch, weil es die FDP nicht erneut in den Landtag schafft. Das feiert der christsoziale Parteichef hier vor den Kameras direkt nach der Wahl in München.

Vor knapp fünf Jahren sah er noch nicht so glücklich aus: Am 27. Oktober 2008 wird der damals 59-jährige vom Landtag zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt, Landtagspräsidentin Barbara Stamm vereidigt ihn. Es ist - damals - der Höhepunkt seiner politischen Karriere. Seehofer steht an der Spitze von Partei und Freistaat.

Seehofers Karriere bis an die Spitze des Freistaates verläuft alles andere als geradlinig. Der Sohn eines Lastwagenfahrers und Bauarbeiters wächst in ärmlichen Verhältnissen in Ingolstadt auf. Seine politische Laufbahn beginnt mit dem Eintritt in die Junge Union 1969, zwei Jahre später, mit 22 Jahren, wird er Mitglied der CSU. 1980 zieht Seehofer als Ingolstädter Direktkandidat in den Bundestag ein, wird sozialpolitischer Sprecher der CSU Landesgruppe und unter Arbeitsminister Norbert Blüm Parlamentarischer Staatssekretär. 1992 dann ein großer Karrieresprung: Nach einer Kabinettsumbildung steigt Seehofer zum Bundesgesundheitsminister auf (im Bild während einer Kabinettssitzung 1992).

Bereits drei Wochen nach seiner Ernennung zum Gesundheitsminister legt Seehofer einen Gesetzesentwurf zu einer umfassenden Gesundheitsreform vor, der nach vielen Diskussionen im Bundestag mehrheitlich Zustimmung findet. Seehofer bleibt auch nach der Bundestagswahl 1994 Gesundheitsminister in der Regierung von Helmut Kohl (das Bild wurde 1998 im Bonner Bundestag aufgenommen), bekommt zusätzlich Verantwortung für die Sozialhilfe. Auch die dritte Stufe der Gesundheitsreform bringt Seehofer gegen große Widerstände durch den Bundestag.

1998 wird Schwarz-Gelb abgewählt und Gerhard Schröder Bundeskanzler. Die bisherigen Minister (v.l.: Horst Seehofer, Matthias Wissmann, Verkehr, Volker Rühe, Verteidigung, Norbert Blüm, Arbeit und Soziales, Jochen Borchert, Landwirtschaft und Kanzleramtsminister Friedrich Bohl) bekommen ihre Entlassungsurkunden. Seehofer wird anschließend zum zweiten stellvertretenden Unionsfraktionsvorsitzenden gewählt, übernimmt in dieser Position ab 2000 unter anderem auch wieder die Verantwortung für die Themen Gesundheit und Soziales.

Eine Zäsur, nicht nur für sein politisches Leben, bedeutet der Dezember 2001 für Seehofer. Der damals 52-jährige Abgeordnete kuriert eine eigentlich harmlose Erkältung nicht aus, arbeitet weiter - und gerät dadurch in Lebensgefahr. Seehofer zieht sich eine Herzmuskelentzündung zu. Ein Arzt wird später deutlich: Hätte Seehofer (im Bild nach der Genesung 2002) einen Termin in Frankfurt wahrgenommen, so wie er es eigentlich vor hatte, wäre er also nicht ins Krankenhaus gegangen, er hätte die Krankheit nicht überlebt.

Es dauert Monate, bis Seehofer wieder auf das politische Parkett zurückkehrt. Im Juli 2002 gibt er seine erste Pressekonferenz (im Bild). Seehofer selbst sagt, dass die Krankheit ihn auch als Politiker verändert hat. "Ich verspüre jetzt eine größere geistige Unabhängigkeit", sagt er. Entscheiden würde er jetzt nicht mehr so sehr nach Parteilinie, sondern eher nach Überzeugung. Viele sehen darin auch einen wichtigen Grund dafür, dass Seehofer als Politiker oft wankelmütig wirkt, immer wieder politische Wendemanöver vornimmt.

Bayerns Ministerpräsident und damals Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber holt Seehofer für den Wahlkampf 2002 in sein "Kompetenzteam". Gesundheits- und Sozialpolitik, darum soll sich Seehofer kümmern. Darum kümmert er sich auch nach der verlorenen Wahl. Seehofer legt sich mit CDU-Chefin Angela Merkel an. Von einer Kopfpauschale, wie sie Merkel möchte, will Seehofer nichts wissen. Und 2003 taucht Seehofer sogar tagelang ab, sperrt sich in seiner Abgeordnetenwohnung mit Tütensuppen ein, das zumindest wird kolportiert. Seehofer ist sauer, weil Krankenversicherte den Zahnzusatz selbst bezahlen sollen.

2007 wird in der CSU dann ein Nachfolger für Edmund Stoiber gesucht. Seehofer will, doch die Partei will ihn nicht. Noch nicht. Sie entscheidet sich, für dessen Rivalen Erwin Huber als neuen Parteichef. Günther Beckstein wird Ministerpräsident. Obwohl Seehofer in Umfragen weit vorne liegt. Doch Beckstein und Huber sprechen sich im Geheimen ab, auch das - nach gezielten Indiskretionen - Bekanntwerden einer langjährigen außerehelichen Beziehung schadet Seehofer. Bis heute hat Seehofer die Schmach von damals nicht ganz verwunden.

Doch Seehofers Stunde kommt. Bei der Landtagswahl 2008 muss die CSU ihre bislang größte Niederlage einstecken. Stoibers Erben, Günther Beckstein als Ministerpräsident und Parteichef Erwin Huber verlieren die Alleinherrschaft in Bayern. Seehofer wird jetzt gebraucht, als Retter in der größten Not. Auf einem Sonderparteitag wird er zum CSU-Chef gewählt.

Und nur zwei Tage später, am 27. Oktober 2008, wird Seehofer Ministerpräsidenten (und nimmt, im Bild zu sehen, gleich auf der Regierungsbank Platz). Er, den die CSU nie liebte (selbst bei der Wahl zum Ministerpräsidenten fehlen vier Stimmen aus den eigenen Reihen), der Einzelgänger, er ist  im Zentrum der Macht angekommen.

Seither versuchte Seehofer vor allem, die eigene Partei zu reparieren. Am 15. September 2013 ist er endlich am Ziel angekommen, mit der Rückkehr zur Alleinregierung in Bayern.

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