Die CSU, Hohlmeier und die Franken:Ein Chor von Einzelstimmen

Wegen Monika Hohlmeier bricht in Franken die CSU-Basis weg - die Partei will aber nichts davon wissen.

Olaf Przybilla, Bayreuth

Joachim Bursian will nicht aus der CSU austreten. In der oberfränkischen Gemeinde Mistelgau ist das dieser Tage durchaus eine Erwähnung wert, denn dort "tritt momentan beinahe täglich einer aus", berichtet Bursian.

Die CSU, Hohlmeier und die Franken: Sorgen für Ärger an der fränkischen Parteibasis: CSU-Führungsduo Seehofer und zu Guttenberg

Sorgen für Ärger an der fränkischen Parteibasis: CSU-Führungsduo Seehofer und zu Guttenberg

(Foto: Foto: dpa)

In dem Ort mit den 3500 Einwohnern zählte der CSU-Ortsvorsitzende Bursian bis vor kurzem noch 37 Parteimitglieder. Dann trat Monika Hohlmeier als Kandidatin Oberfrankens für das Europaparlament an. Und nun zählt der Ortsverband noch 32 Mitglieder - ein Schwund von satten 13 Prozent binnen eines Monats.

Zu Wochenbeginn hat Bursian deswegen zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in den gutbürgerlichen Mistelgauer Gasthof Ebert geladen. Wie erwähnt, Bursian denkt gar nicht daran, die Partei zu verlassen. "Wer aus dem Sportverein austritt, der darf auch nicht mehr mitspielen", erklärt der 41-Jährige.

Gleichwohl hat er es sich nicht nehmen lassen, an die Wand des Wirtshauses eine kleine Presseschau der vergangenen Wochen zu hängen, gewissermaßen als Diskussionsgrundlage. Auf gute fünf Meter Text ist Bursian gekommen. Den größten Raum nehmen die abgedruckten Leserbriefe aus der Heimatzeitung ein.

"Irgendwann ist einfach Schicht im Schacht"

Es ist wenig Nettes darauf zu lesen. Ein CSU-Mitglied aus Coburg etwa hat dem oberfränkischen CSU-Vorsitzenden Karl-Theodor zu Guttenberg in einem offenen Brief mitgeteilt, man fühle sich in Franken nicht mehr wohl in der Rolle als "politischer Mülleimer".

Ein anderer fürchtet darum, es helfe im Abwehrkampf gegen die Altbayern am Ende womöglich nur noch der "Wiederaufbau des Limes". Und wie ein Gespenst aus alten Tagen zieht sich die Idee einer CFU durch die Spalten - die Gründung einer "Christlich Fränkischen Union".

Was ist da los in Franken? Bursian sagt, es sei diese eine Personalie namens Hohlmeier, die das Fass zum Überlaufen gebracht habe. "Irgendwann ist einfach Schicht im Schacht", sagen ihm seine Leute. Man habe keine Lust mehr, sich am Arbeitsplatz beschimpfen zu lassen, nur weil man Mitglied in der CSU ist.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie man an der fränkischen CSU-Basis das Werben für Monika Hohlmeier aufgenommen hat.

Ein Chor von Einzelstimmen

Man habe keine Lust mehr, das hohe Lied auf den neuen Stil in der Partei mitzusingen. Und erst recht habe man keine Lust mehr, sich von Parteioberen den Bauch pinseln zu lassen in sogenannten Basiskonferenzen - um dann der Heimatzeitung zu entnehmen, was der Vorstand beschlossen habe.

Man müsse sich das vorstellen, erzählt Bursian: Zwei Wochen vor der Nominierung von Hohlmeier habe man sich als oberfränkisches Parteimitglied "vier Stunden lang bequasseln lassen dürfen" von Generalsekretär Guttenberg und Parteichef Horst Seehofer.

Die Veranstaltung nannte sich "Frankenkonferenz", gedacht als Seelenmassage für die geschundene Basis. "Und dann lese ich zwei Wochen danach in der Montagszeitung, dass unsere Kandidatin seit dem Wochenende Hohlmeier heißt."

Parteichef Horst Seehofer reagiert auf Berichte von der verbitterten fränkischen Basis mit Gleichmut. Und fragt man Monika Hohlmeier danach, so erklärt sie, die Stimmung werde momentan immer besser - und "einzelne Stimmen der Kritik" könne man an der Basis immer vernehmen bei Entscheidungen in einer Volkspartei. Das Problem der CSU in Franken scheint freilich zu sein, dass viele Einzelstimmen einen Chor ergeben.

Ein Gründungsmitglied sagt Ade

Im drei Kilometer von Mistelgau entfernten Dorf Glashütten trat am Mittwoch der CSU-Ortsverband zusammen. Zwei von 20 Mitgliedern waren schon vorab aus der CSU ausgetreten. Im Sitzungsverlauf wurde noch bekannt, dass auch Manfred Rauh, Gründungsmitglied der Glashüttener CSU, ausgetreten ist. 33 Jahre lang war er Mitglied.

Nun hat er die CSU ebenso verlassen wie der ehemalige Bayreuther Kreisvorstand Gerhard Vogler, der 26 Jahre lang Mitglied war; wie die frühere Bürgermeisterin von Stadtsteinach, Anneliese von Ramin, die 21 Jahre lang Mitglied war; und wie der Kunreuther CSU-Ortschef Roland Hollfelder, der zehn Jahre lang Mitglied war.

Fragt man aber beim oberfränkischen CSU-Bezirksgeschäftsführer Reinhold Rott nach offiziellen Zahlen, so antwortet er: "Austritte wegen Frau Hohlmeier sind mir nur acht Stück bekannt." Rott räumt ein, dass diese Auskunft verblüffen mag.

Schließlich sind allein in den Dörfern Mistelgau und Glashütten acht CSU-Austritte bekannt geworden. Rott erläutert, dass er erstens nur diejenigen mitzählen kann, deren Austritte beim Bezirksverband angekommen sind - oft schicken die Mitglieder ihre Erklärung an den Orts- oder Kreisverband.

Und dass er zweitens diejenigen Mitglieder nicht mitzählt, die erklären, sie hätten sich den Austritt schon oft überlegt, nun aber sei das Maß endgültig voll. "Solche Austritte mitzuzählen wäre unfair gegenüber Frau Hohlmeier", findet Rott.

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