Kratzers Wortschatz:Milliardärstochter unter Goaß-Verdacht

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Die Traumhochzeit des englischen Fußballersprößlings Brooklyn Beckham und des amerikanischen Models Nicola Peltz weckt Erinnerungen an ein altes bayerisches Wort.

Von Hans Kratzer

Goaß

Vor wenigen Tagen haben der Fußballersprössling Brooklyn Beckham, 23, und die amerikanische Milliardärstochter Nicola Peltz, 27, geheiratet. Die Boulevardblätter dokumentierten die Traumhochzeit mit bunten Fotostrecken. Häufig abgedruckt war jenes Bild, auf dem der junge Hochzeiter sich anschickt, seine Frau zu küssen, während sie in ihrem maßgeschneiderten Kleid von Valentino so cool dreinschaut wie ein Eis-Engel. Umso rührender, dass er sie "wifey" (Frauchen) nennt, wie dem Kanal Instagram zu entnehmen ist. Im Wartezimmer einer niederbayerischen Zahnarztpraxis wurde der steife Auftritt der Braut eher skeptisch bewertet. Eine ältere Patientin tat beim Betrachten der Bilder in einer Illustrierten kund, sie halte die Hochmut ausstrahlende Nicola für eine Goaß. Im Tierreich versteht man unter einer Goaß eine Geiß oder eine Ziege (althochdeutsch: Geiz). Im menschlichen Kontext steht das Wort Goaß für eine dünne, boanige Frau, die dazu neigt, kompliziert zu sein und zum Lachen in den Keller zu gehen. Neben dieser klassischen Zuordnung werden auch kleine Mädchen, die etwas ausgefressen haben, als Goaß bezeichnet. Störrischen Männern haften dagegen die Attribute Goaßbock und Goaßhiater (Ziegenhirt) an. Als sprachliche Erweiterungen sind bekannt das Goaßgschau (stierer Blick), die Goaßmass (Getränk) und das Glück vom Goaßpeterl (unverhofftes Glück).

Servus

Die TV-Gelehrten Markus Lanz und Richard David Precht stießen neulich in ihrem Podcast bis ins Lateinische vor. Es ging um das Thema Arbeit, das die Römer einst mit dem Verb laborare beschrieben. "Das ist das, was der Sklave und der Viehbauer machen", erklärte Precht. Lanz brachte das Wort Servus (Sklave, Diener) ins Spiel und erklärte, Servus sei in Südtirol ein Gruß. Und in Bayern strahle das Wort "so was unglaublich Gemütliches" aus. Populär wurde das Wort vor Jahren, als Thomas Gottschalk und Franz Beckenbauer das Fernsehpublikum mit Servus begrüßten. Der Sprachforscher Johann Andreas Schmeller kannte das Wort im 19. Jahrhundert noch nicht. In Bayern etablierte sich Servus im Ersten Weltkrieg, als Adjes und Ade wegen ihrer französischen Herkunft nicht mehr gut gelitten waren.

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