Kratzers Wortschatz:Wenn im Weltraum der Magen rebelliert

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Nicht nur beim Raketenflug, sondern auch nach dem Genuss von ein paar Mass Bier sowie einer anschließenden Fahrt mit dem Fünferlooping ist man schnell beinand wia a Packerl Kunsthonig.

Von Hans Kratzer

Packerl Kunsthonig

In einem Podcast des Bayerischen Rundfunks ("Heimat lesen") schildert Alexander Metz, was er in seiner Nachkriegs-Kindheit in Cham alles erlebt hat. Er führt den Zuhörer zurück in eine Zeit, die einem heute sehr fremd vorkommt. Das gilt auch für die damalige Ernährung, die von Schlichtheit und Mangel geprägt war. Die Speisen trugen Namen wie gstöckelte Milch, Semmelschmarrn und Zwulsuppe (Riebelesuppe). "Besonders gern mochte ich eine heiße Milch mit Honig, in die ich eine Semmel einbrockte", erzählt Metz. Der Honig war damals ein goldbrauner Kunsthonig, den es in Würfelform im Kramerladen gab. Er wurde über dem Feuer geschmolzen und in einem Einmachglas aufbewahrt. Aus dieser Zeit stammt auch der Ausspruch: "I bin beinand wia a Packerl Kunsthonig!" Das sagten jene, die kränkelten und sich schwach fühlten. Der Kunsthonig heißt heute Invertzuckercreme. Die aromatisierte Masse sieht nur so ähnlich aus wie ein Bienenhonig. Einst diente sie als Ersatzprodukt für echten Honig. Und sie wird zur Herstellung von Lebkuchen und Backwaren verwendet.

speiben

In der BR-Sendung "Ringlstetter" war neulich die Astrophysikerin Suzanna Randall zu Gast. Weil sie demnächst als erste deutsche Frau zur Raumstation ISS fliegen will, bereitet sie sich mit sogenannten Parabelflügen darauf vor. Dabei erlebt sie mehrmals hintereinander jeweils 20 Sekunden lang Schwerelosigkeit. "Das geilste Gefühl der Welt", wie Randall betonte. Ringlstetters Assistentin Caro Matzko erzählte, sie habe auch einmal die Chance auf einen Parabelflug gehabt, aber sie konnte nicht, denn: "Ich würd' so schpeiben!" Die meisten Menschen verwenden für diesen biologischen Vorgang heutzutage das Verb kotzen, die Vornehmeren sagen, sie übergeben sich oder sie erbrechen sich. In einem Bierland wie Bayern ist aber auch das Verb schpeiben (speiben, speien) beliebt. Sehr aufschlussreich war, was der einstige Wiesnwirt Wiggerl Hagn vor Jahren der SZ erzählte: "Wenn einer nach Steckerlfisch, zwei Mass Bier, gebrannten Mandeln und einem Hendl im Löwenbräuzelt noch Fünferlooping fährt und dann schpeibt, heißt es: Das Hendl war schlecht." In der Regel wird ein dermaßen geplagter Mensch gefragt: "Guat schaust aus, host gschpiem?"

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