Die Präsidentin der Diakonie Bayern, Sabine Weingärtner, fordert, dass die Armutsbekämpfung auf die politische Agenda kommt. „Wir haben in den letzten 14 Tagen drei Studien gesehen, die unabhängig voneinander belegen: Deutschland hat ein massives Armutsproblem – das politisch aber kaum eine Rolle spielt“, sagte Weingärtner laut einer Mitteilung der Diakonie vom Freitag. Der Wohnungslosenbericht sowie der Familienbericht der Bundesregierung als auch der Monitor „Jugendarmut“ des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) belegten, dass es in Deutschland große Personengruppen gebe, die von Armut bedroht oder betroffen sind.
So gelten dem BDKJ zufolge 25 Prozent aller Menschen zwischen 18 und 24 Jahren als armutsgefährdet, bei den unter 18-Jährigen sind es über 20 Prozent. Ein Drittel aller Alleinerziehenden hat dem Familienbericht der Bundesregierung zufolge ein erhöhtes Armutsrisiko – und leidet zudem deutlich häufiger unter physischen und psychischen Beeinträchtigungen als Paar-Familien. Und schließlich sind dem Wohnungslosenbericht zufolge allein in Bayern knapp 40 000 Menschen in Einrichtungen von Kommunen und der Wohlfahrt untergebracht.
„Zwar bekennen sich die großen Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl zum Mindestlohn und zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen“, sagte die Diakoniepräsidentin. Auch der außer Kontrolle geratene Wohnungsmarkt habe Eingang in die Wahlprogramme gefunden. „Das Thema Kinderarmut spielt im Vergleich aber nur eine geringe Rolle, gleiches gilt für die Situation Alleinerziehender.“ Ausführlich thematisiert werde dafür oft der angebliche Missbrauch des Bürgergeldes und eine mögliche Sanktionierung der Beziehenden.
„Wenn mehr als die Hälfte aller Tafeln in Deutschland aufgrund der hohen Nachfrage ihre Leistungen rationieren müssen, kann die Antwort doch nicht darin bestehen, das Bürgergeld abzuschaffen“, insistierte Weingärtner. Die Bekämpfung von Armut sowie ihrer Ursachen und Folgen könne nicht allein der Zivilgesellschaft überlassen werden. „Wir wissen, welche Folgen es für eine Gesellschaft haben kann, wenn Menschen sich von der Politik nicht gesehen und zurückgelassen fühlen“, so die Diakoniepräsidentin.