DGB: Jena neuer Chef:Ein Metaller für alle Gewerkschafter

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Matthias Jena wird neuer Chef beim DGB Bayern: Er setzte sich in einer Kampfabstimmung durch - gegen den "Kandidaten der Herzen".

Dietrich Mittler

Der Applaus im großen Saal des Sheraton-Hotels im Münchner Arabellapark am Freitagnachmittag lässt keinen Zweifel aufkommen: Die 100 Delegierten des DGB Bayern haben ihre Entscheidung getroffen.

Freut sich auf seine neue Aufgabe: Matthias Jena (Foto: Foto: ddp)

Der Nachfolger des nach 20 Jahren Amtszeit scheidenden DGB-Bezirksvorsitzenden Fritz Schösser heißt Matthias Jena.

Der 49-jährige IG-Metaller hätte sich an diesem Tag kein schöneres Geburtstagsgeschenk wünschen können. Er hat sich mit 59 Stimmen klar gegen seinen Mitbewerber Dominik Schirmer von der Gewerkschaft Verdi durchsetzen können.

Viele im Saal hatten insgeheim mit dieser Entscheidung gerechnet. Jena hat mit der IG Metall die mitgliederstärkste Einzelgewerkschaft Bayerns hinter sich. Dennoch war die Nervosität in den Reihen der Metaller groß. So groß, dass sich Werner Neugebauer, der bayerische IG-Metall-Bezirksvorsitzende, trotz einer schweren Erkrankung aus der Klinik "auscheckte", wie er sagte, um an der Versammlung teilzunehmen und Jena, seinem Mann, den Rücken zu stärken.

"Kandidat der Mathematik"

Jena wurde gewerkschaftsintern als der "Kandidat der Mathematik" gehandelt, weil die IG Metall allein schon 42 Delegierte zur Abstimmung aufbieten konnte. Und traditionell werden die Metaller von anderen Industriegewerkschaften unterstützt - etwa von der IG Bau mit sechs Delegierten und der IG Bergbau, Chemie, Energie mit zehn Delegierten.

Dominik Schirmer hingegen galt als der "Kandidat der Herzen". "Diese Bezeichnung fand ich sehr schmeichelhaft - bis ich dann erfuhr, dass man im Fußball die Verlierer mit diesem Titel beehrt", sagte er nach der Abstimmung.

Als sich dann nach der Verkündung des Wahlergebnisses alle Kameras auf Jena richteten, wiederholte der 49-Jährige seine Kernthesen wie: "Weg mit der Rente mit 67!" Der bayerischen Staatsregierung kündigte er an, er sei - obwohl ihm manche ein hemdärmeliges Auftreten nachgesagt haben - durchaus dialogbereit.

Es gebe viel zu tun: "In Bayern gibt es jetzt schon mehr als 100.000 Menschen, die 40 Stunden pro Woche hart arbeiten und dennoch von ihrer Arbeit nicht leben können", sagte Jena. Und da gebe es nur eine Lösung: Mindestlöhne für die Beschäftigten in Branchen, "in denen es keine anständige Bezahlung gibt".

Jena ließ durchblicken, dass Gewerkschaftsarbeit zwar immer noch durchsetzungsfähige Arbeitnehmer braucht, doch es müsse auch das Ziel sein, "die Unterstützung politischer Mehrheiten im Parlament für sich zu gewinnen". Dazu gehörten in Bayern auch die CSU und die FDP. Wenn sich die Staatsregierung allerdings der gemeinsamen Suche aus der Krise verschließe, dann könne der DGB auch kämpfen.

Abschied von Schösser

Am Freitagmorgen war Fritz Schösser noch unbestritten die Hauptfigur. Fotografen rangelten sich um das bessere Bild des scheidenden DGB-Vorsitzenden. Schösser folgte den Rufen - "Fritz schau hierher, bitte lächeln" - mit einer Mischung aus Professionalität und Schicksalsergebenheit.

"Schösser hat den DGB nicht nur repräsentiert. Er war der DGB", kommentiert der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Maget die Szene. Als Schösser gefragt wird, wie sich denn nun der Abschied anfühle, fällt plötzlich die Maske des abgebrühten Politprofis. Der 62-Jährige lächelt etwas wehmütig. Dann winkt er ab, bewegt nur lautlos seine Lippen. "Scheiße" lässt sich davon ablesen.

Zwei Kandidaten in einer Kampfabstimmung, das hat es in der Geschichte des bayerischen DGB schon lange nicht mehr gegeben. Und auch daran müssen sich die älteren unter den Teilnehmern der 19.ordentlichen Bezirkskonferenz erst einmal gewöhnen: Zum ersten Mal hat der scheidende Vorsitzende nicht gesagt, wen er sich als Nachfolger wünscht. Schösser sagt nur: "Schade, dass es nur einer werden kann."

© SZ vom 13.2.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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