Süddeutsche Zeitung

Depression:Wie man sich gesund riechen kann

Norbert Thürauf kämpft mit Gerüchen gegen Depression, Angststörungen und Schizophrenie. Der Psychiater behandelt Patienten, die keine Freude verspüren.

Von Anne Kostrzewa, Erlangen

Die Psychiatrie des Erlanger-Uni-Klinikums geht bei der Behandlung von psychisch Kranken neue Wege. Statt Emotionen mit Antidepressiva zu hemmen, wobei auch positive Gefühle abgeschwächt werden, wollen die Erlanger Mediziner durch Gerüche schöne Erinnerungen wecken.

"In der Psychologie gibt es bislang nur wenig Angebote, die das positive Erleben in den Vordergrund stellen", sagt Norbert Thürauf. Der Oberarzt der Erlanger Psychiatrie hat die psychologische Geruchstherapie mitentwickelt.

Auf Thüraufs Station werden Menschen behandelt, die an Anhedonie leiden: Sie können keine Freude verspüren. Oft äußert sich Anhedonie in einer Depression. Aber auch Angststörungen und Schizophrenie nehmen Menschen die Freude, ebenso wie Demenzerkrankungen.

Ihnen möchte der Psychologieprofessor beibringen, die Umgebung im Alltag intensiv über die Nase wahrzunehmen, eine Fähigkeit, die jeder Mensch lernen könne, so Thürauf. Denn anders als Sinnesreize über Ohren, Augen und Haut, wirken Gerüche direkt auf das menschliche Gehirn - was sich neben der Medizin auch die Wirtschaft zunutze macht.

Welche Gerüche bei einem Patienten positive Emotionen hervorrufen, ist jedoch sehr unterschiedlich. Nicht nur persönliche Erinnerungen spielen eine Rolle, weshalb die Therapiestunde auch mal in die Autowerkstatt führen kann. "Ganz entscheidend ist auch die kulturelle Prägung", sagt Thürauf. So machen etwa Ungarn, Australier und Amerikaner bestimmte Gerüche glücklich, bei denen viele Deutsche die Nase rümpfen.

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