Denkmalschutz:Hotel im Klostergarten erzürnt Bürgerinitiative

Basilika Kloster Benediktbeuern

Das Kloster Benediktbeuern ist ein Wahrzeichen des Oberlands. Jede Veränderung am Ensemble wird deshalb intensiv diskutiert.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Fraunhofer-Gesellschaft will ein Gästehaus in Benediktbeuern bauen, Gegner drohen mit einer Klage

Von Konstantin Kaip, Benediktbeuern

Die Fraunhofer-Gesellschaft verbindet viel mit dem Kloster Benediktbeuern. Schließlich hat der Namensgeber der größten Organisation für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa einst hinter den Klostermauern gewirkt: Joseph von Fraunhofer hat dort im frühen 19. Jahrhundert unter anderem an der Herstellung von Flintglas geforscht. Nun will die Gesellschaft direkt gegenüber seiner historischen Glashütte im denkmalgeschützten Südgarten des Klosters ein Tagungshaus errichten: Der Neubau des Münchner Büros Auer+Weber sieht ein zweistöckiges 12,40 Meter hohes Hauptgebäude mit angebautem Flachbau vor. Das Haus mit 36 Betten soll 10,5 Millionen Euro kosten. Baubeginn soll Mitte 2018 sein.

Das Tagungshotel, das nach sieben Jahren Planung durch alle Instanzen genehmigt wurde, spaltet die Meinungen: Es sei essenziell für die Zukunft des Klosters, sagen die einen. Für die anderen aber zerstört es ein Baudenkmal. Der Gemeinderat hat die Pläne im Juli einstimmig bewilligt. Bürgermeister Hans Kiefersauer spricht von einem "wichtigen Mosaikstein im Gefüge, um die Zukunft des Klosters zu sichern". Die Bürgerinitiative "DenkMal Benediktbeuern" kämpft hingegen seit Jahren gegen das Hotel im Klostergarten und erwägt nun eine Klage. "Wir werden auf jeden Fall alles tun, was in unserer Möglichkeit steht, um den Standort zu verhindern", sagt deren Sprecherin Julia Wolff.

Wolff hat nun in einem offenen Brief an die Fraunhofer-Gesellschaft noch einmal ihre Argumente deutlich gemacht: Der Neubau sei ein "Skandal" schreibt sie. Schließlich zerstöre er "eine Klosteranlage, welche aufgrund ihres nahezu unverfälschten Erhaltungszustandes ein national bedeutendes Kulturdenkmal darstellt". Laut Bebauungsplan dominiere der Hotelkomplex künftig das Landschaftsbild von Osten und Südosten. Der historische Obstgarten, in dem das Tagungshaus entstehen soll, sei seit mehr als 100 Jahren unverändert und denkmalgeschützt.

Die Fraunhofer-Gesellschaft, die in der ehemaligen Schäfflerei des Klosters bereits ein Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalschutz betreibt, kann den Vorwurf nicht nachvollziehen. Schließlich sei der Standort nach Prüfung von sieben möglichen Orten im Konsens mit Kloster, Gemeinde und Denkmalbehörden ausgewählt worden, sagt Sprecher Janis Eitner. Im "Netzwert-Zentrum", wie Fraunhofer den Bau nennt, sollen Tagungen und Seminare stattfinden, von allen Fraunhofer-Instituten und von der Zentrale. Auch für die Nutzung durch Dritte sei man offen, teilt Eitner mit. Bei der Planung habe man von Anfang an auf Synergien geachtet. So habe man etwa auf eine Küche verzichtet, da die Tagungsgäste von der Klosterküche verpflegt werden sollen. Kooperationen seien auch im Empfang, beim Hausmeister und der Gartenpflege geplant. "Wir stehen kurz vor dem Abschluss eines Erbpachtvertrags für das Baugrundstück mit dem Kloster, von dem beide Seiten profitieren werden."

Das Tagungshaus bringe ein anderes Publikum in den Ort und sorge dafür, "dass Benediktbeuern in aller Munde bleibt", sagt Bürgermeister Kiefersauer. Klosterdirektor Pater Lothar Bily freut sich über den geschlossenen Rückhalt aus der Gemeinde und spricht von einer "sinnvollen Partnerschaft" - nicht nur wegen der historischen Bezüge. "Auch von den Zielsetzungen passt die Fraunhofer-Gesellschaft sehr gut zu unserem Konzept von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein." Im Kloster gibt es neben einer Jugendherberge und einem Aktionszentrum auch das Zentrum für Umwelt und Kultur, in dem die Salesianer seit Jahren Jugendarbeit betreiben. Ergänzt wird der Bildungsstandort durch eine Stiftungsfachhochschule für Sozialberufe.

Die Bürgerinitiative betont, dass sie nicht gegen das Tagungshotel für Wissenschaftler sei, wohl aber gegen den Standort. Man könne es auch in Teilen des Klosters einrichten und so einen "nachhaltigen Beitrag zum Erhalt der Klosteranlage" beitragen, argumentiert Wolff. Diese Möglichkeit besteht laut Klosterdirektor Bily allerdings nicht. Die Trakte des Konvents seien alle belegt, sagt er. Fraunhofer habe die Möglichkeit bereits 2012 geprüft, erklärt Eitner. Es seien jedoch nicht genügend Räume verfügbar gewesen, zudem sei für das Tagungshotel "aus zuwendungsrechtlichen Gründen" nur ein Neubau möglich.

Dass der gebaut werden darf, liegt an den Denkmalbehörden, deren Haltung sich maßgeblich geändert hat. Wolff sieht darin den Beleg, dass das Prestigeprojekt "politisch gewollt" ist. Tatsächlich hatte 2013 der damalige Chef des Landesamts für Denkmalpflege, Egon Greipl, noch vor einer "irreparablen Schädigung" des Denkmals Kloster Benediktbeuern durch den Bau gewarnt. Sein Nachfolger Matthias Pfeil hält hingegen den Schaden für "gerade noch verkraftbar". Schließlich gehe es auch um den Erhalt des Klosterbetriebs in einer sterbenden Klosterlandschaft, sagt Pfeil. "Die Fraunhofer-Gesellschaft ist da sicher ein Glücksfall." Schließlich biete sie eine dauerhafte Nutzung im Interesse des Gemeinwohls. "Begeistert sind wir zwar nicht", sagt der Generalkonservator über den Neubau in der denkmalgeschützten Klosteranlage. Allerdings sei das Hotel auf Forderung seiner Behörde auch deutlich modifiziert worden: So werde es etwa keine Tiefgarage mehr geben, die Grundfläche sei kleiner geworden, und der Flachbau dürfe die Klostermauer nicht überragen. Auch eine Option auf Erweiterung gebe es definitiv nicht mehr.

Die Benediktbeurer Bürgerinitiative will das so nicht kampflos hinnehmen. Sie hat ihre Einwände erneut bei der Gemeinde eingereicht, die sich nun noch einmal damit befassen muss. Wenn nötig, werde man versuchen, den Bau vor Gericht zu verhindern, sagt Wolff. Derzeit prüfe man die Möglichkeiten. "Wenn der Bebauungsplan beschlossen wird, wollen wir dagegen klagen."

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