Deggendorf:Knödel-Guerilla klärt in Deggendorf auf

Lesezeit: 1 min

Deggendorf die "Knödelstadt" ist stolz auf ihren Beinamen. (Foto: N/A)

Ein Unbekannter verteilt informative Zettel etwa über die Knödel-Sage in der Stadt. Damit macht er den Regierenden einen Strich durch die Rechnung.

Kolumne von Johann Osel

Deggendorf macht ja nicht gerade ein Geheimnis daraus, dass es den stolzen Beinamen "Knödelstadt" trägt. Raffiniert wird die Knödel-Sage vermarktet, für Tourismus, Veranstaltungen und Stadtleben. Die gängige Variante lautet, dass mit dem Wurf der rundlichen Köstlichkeit im Mittelalter Belagerer in die Flucht geschlagen wurden. Dass man sich das in Wahrheit Jahrhunderte später ausgedacht hat - egal.

Vom fingierten Großereignis zeugt jedenfalls in der Altstadt die Brunnenfigur der Knödelwerferin, ein üppiges Bronzeweib mit einem Korb voller schmackhafter Wurfgeschosse. Ein Bürger fand nun, dass der Bekanntheitsgrad von Knödeleien aller Art längst nicht ausgeschöpft ist. Er hat an dem Brunnen heimlich einen laminierten Zettel angebracht - zur Knödel-Sage. Auch an anderen Brunnen ist seit kurzem so ein informatives Taferl zu finden. Die Deggendorfer rätseln: Wer ist der ominöse Guerilla-Historiker?

Bei Karin Achatz, Leiterin des Tourismusamts, löst die Causa gemischte Gefühle aus. "Der- oder diejenige hat das gut gemeint und sich viel Mühe gemacht." Aber sie weiß: In einer Stadt kann nicht jeder einfach Schilder aufstellen nach Gutdünken. Das Bauamt ist alarmiert, und bei der Tourismus-Chefin keimt detektivischer Ehrgeiz auf. "Vielleicht waren es unsere Gästeführer", hat sie zuerst erwogen. Diese winken ab, man habe das beim Stammtisch besprochen, meint einer auf Facebook, "von den Anwesenden war es keiner." Ein Krimi: Hat nicht Deggendorf einen fleißigen Geschichtsverein, zu dessen Jahresversammlung jüngst 65 Mitglieder kamen? Gibt es, bei zwei Gymnasien, hier nicht jede Menge Geschichtslehrer?

Die Stadt hat derweil Eigenes in Planung, daher wohl der Unmut darüber, dass ihr da jemand zuvorgekommen ist. Neue Messingtafeln sollen bald an wichtigen Orten platziert werden und über einen Code fürs Smartphone Informationen bieten. Kommende Woche wird die erste Tafel am Alten Rathaus montiert, dann an den Brunnen irgendwann. Und die Zettel dort? Noch prüft die Stadt, ob man sie entfernen soll. Eine Frage, die "vielleicht ganz oben angesiedelt werden muss", heißt es. Gemeint ist der Oberbürgermeister. Oder ist das Ganze gar ein Fall für den Heimatminister?

© SZ vom 28.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: