Mehr als zehn Jahre dauerte die Diskussion in der Stadt, für die Debatte nahm sich der Coburger Stadtrat aber kaum zehn Minuten Zeit. Und verabschiedete dann den Tagesordnungspunkt 15 "Rehabilitierung Max Broses" mit großer Mehrheit. 30 Stadträte entschieden sich für den Beschlussvorschlag. Acht stimmten dagegen.
Überdies "bedauere" der Stadtrat seine eigene Entscheidung aus dem Jahr 2004. Damals hatte sich der Rat gegen die Umbenennung einer städtischen Straße in Max-Brose-Straße entschieden. In der Folge war es zu schweren Verwerfungen zwischen der Familie des Firmengründers und der Stadt gekommen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, kritisiert den Beschluss heftig. Eine "Rehabilitierung eines NS-Mitläufers und Wirtschaftsfunktionärs" sei "in keiner Weise nachzuvollziehen", sagte Schuster.
Im Beschluss der Stadtrates heißt es, der Entscheidung aus dem Jahr 2004 sei keine ausreichende Beratung und auch keine gründliche Vorbereitung vorausgegangen. Man habe sich nicht hinreichend über die Causa Brose informiert und die Rolle des Fabrikanten und Firmengründers in der NS-Zeit nicht richtig eingeschätzt. Es lägen "keine Erkenntnisse vor, nach denen Max Brose in den Jahren von 1933 bis 1945 als Unternehmer und IHK-Präsident ein Fehlverhalten vorgehalten" werden könne. Gegen den Beschluss stimmten die Grünen und vier Stadträte der SPD. Die CSU stimmte geschlossen für die "Rehabilitierung" Broses.
Warnung vor einer Rehabilitierung
Josef Schuster hatte vor der Entscheidung eher warnend agiert. In einem Gespräch mit Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) und dem Enkel Broses, Michael Stoschek, hatte er in der vergangenen Woche sein Befremden über die Vorgänge in Coburg geäußert. Nun fällt seine Kritik umso schärfer aus. Eine "Rehabilitierung" eines Mannes, der NS-Mitläufer war, Wehrwirtschaftsführer und in dessen Rüstungsbetrieb Zwangsarbeiter beschäftigt wurden, sei nicht nachvollziehbar. Dass im Beschluss des Stadtrates auf eine "Würdigung des geschichtlichen Hintergrunds" Bezug genommen werde, halte er für einen "Widerspruch in sich".
Dass sich darüber hinaus ein souveränes Gremium für seinen eigenen demokratisch gefassten Entschluss von 2004 entschuldige, sei "ein Affront gegenüber den damaligen Entscheidungsträgern und erschüttert den ganzen Stadtrat in seiner Glaubwürdigkeit", sagt Schuster. Wer meine, dass die Debatte um ein NSDAP-Mitglied einer Stadt "nicht gut tut", müsse darüber nachdenken, wie eine Rehabilitierung Broses der historischen Verantwortung Coburgs gerecht werde. Coburg war die erste Kommune mit NSDAP-Mehrheit im Stadtrat. Schuster hofft nun, dass der Stadtrat zumindest dabei bleibt, keine Straße nach Max Brose zu benennen. Diese Ehre solle man nur Personen mit "eindeutigem Vorbildcharakter" erweisen. "Dies kann ich in der Person Max Brose nicht erkennen", sagt Schuster.
Der Enkel wünscht sich weiterhin eine Max-Brose-Straße
Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von Brose, will nun aber genau das. Direkt nach der Entscheidung des Stadtrates äußerte er den Wunsch, eine Straße nach seinem Großvater zu benennen, um mit dieser Geste "die Rehabilitierung unseres Firmengründers auch nach außen" zu dokumentieren. Er freue sich über die klare Entscheidung.
Die CSU hatte in der Stadtratsdebatte argumentiert, mit moralischen Beurteilungen werde man Biografien während der NS-Zeit "in den seltensten Fällen gerecht". Die Coburger Wirtschaft habe Max Brose und dessen "unternehmerischer Lebensleistung" viel zu verdanken. Brose habe die Industrie- und Handelskammer der Stadt sachlich und unpolitisch geführt. Die Grünen argumentierten dagegen, Brose sei 1949 als Mitläufer des Nazi-Regimes verurteilt worden, man weigere sich, die eigene Entscheidung von 2004 für unprofessionell zu erklären. Gespalten votierte die SPD. Eine Stadträtin erklärte, sie habe 2004 "nichts gesagt, was ich heute zurücknehmen müsste".