Über den Sinn der Frage lässt sich trefflich streiten, weniger über ihre Bedeutung: Welcher Politiker wirft sich bei der Fränkischen Fastnacht in welches Kostüm? Dafür interessieren sich inzwischen wohl mehr Menschen in Bayern als für den Staatshaushalt und die jüngsten Kabinettsbeschlüsse zusammen. So war es auch am Freitagabend, als der bayerische Ministerrat wieder nahezu vollständig in Veitshöchheim einlief.
Allen voran Finanzminister Markus Söder und seine Frau Karin: Sie verkleideten sich als Homer und Marge Simpson, das amerikanische Durchschnittsehepaar in Comicform. Söder vermied damit - anders als im vergangenen Jahr als maskierter Edmund Stoiber oder als König Ludwig II. wie beim Karneval in Aachen - jede Andeutung auf seinen Machtanspruch, stattdessen richtete er "eine Hommage an den Wähler der Mitte", wie er sagte: "Ich bin mir sicher, Homer Simpson würde CSU wählen."
Faschingskostüme:Die vielen Gesichter des Markus Söder
Bei der "Fastnacht in Franken" ist der designierte bayerische Ministerpräsident schon als Homer Simpson, Marilyn Monroe oder Edmund Stoiber aufgeschlagen. Diesmal gibt er den Landesvater.
Wirtschaftsministerin Ilse Aigner entschied sich diesmal für eine Oberhexe - inspiriert von der Walpurgisnacht im "Faust", den eine Volkstheatergruppe in ihrem Stimmkreis aufgeführt hatte. Innenminister Joachim Herrmann schritt wie stets in den vergangenen Jahren als "schwarzer Sheriff" in die Mainfrankensäle. Sollte davon eine Botschaft ausgehen, dann vermutlich die, wofür er mit seiner Politik stehen will: Beständigkeit.
Und Horst Seehofer? Kam wie immer als CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident. Bei ihm stellt sich ohnehin nicht die Frage, als wer oder was er im Fasching geht, sondern wie lange er das noch in seiner derzeitigen Doppelfunktion macht.
Tag der Wahrheit ist der 6. Mai, wenn die CSU ihre Bundestagsliste aufstellt. Spätestens dann werde er darlegen, ob er über das Jahr 2018 hinaus als Ministerpräsident weitermachen wolle, hat Seehofer diese Woche angekündigt. Auf die Unterstützung einer wichtigen CSU-Politikerin kann er bereits bauen: "Als oberbayerische Bezirksvorsitzende würde ich begrüßen, wenn Horst Seehofer weitermacht", sagt Ilse Aigner.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin spricht sich damit als erstes CSU-Präsidiumsmitglied offen für eine weitere Amtszeit des Regierungschefs aus. Aigners Begründung: "Er ist nach derzeitigem Stand der zugkräftigste Kandidat in dem Bezirk, in dem die meisten Menschen in Bayern zur Wahl gehen."
In der Parteizentrale gilt es ja fast schon als mathematische Gewissheit, dass nur ein erfolgreicher Listenführer in Oberbayern der CSU zur absoluten Mehrheit verhelfen könne. Etwa ein Drittel aller Bayern leben in dem größten Regierungsbezirk, sie bestimmen daher maßgeblich über den Ministerpräsidenten. 701 318 Stimmen holte der Ingolstädter Seehofer bei der Landtagswahl 2013. Eine Zahl, die sein Vorgänger Günther Beckstein bei der Wahl 2008 nie hätte erreichen können, da er im nicht mal halb so großen Mittelfranken antrat.
Unabhängig von Personen ist es für die CSU also auch bei der nächsten Wahl von zentraler Bedeutung, aus welchem Bezirk ihr Spitzenkandidat stammt. Auch CSU-Vize Manfred Weber kann sich "gut vorstellen, dass Horst Seehofer nochmals als Ministerpräsident antritt". Bayern stehe hervorragend da, Seehofer habe die Unterstützung der Menschen und sei in Berlin durchsetzungsfähig. Es liege an ihm selbst, sagt Weber, "in der CSU gibt es viel Zuspruch".
Über den CSU-Vorsitz, den Seehofer in diesem Jahr bereit ist abzugeben, sagt Aigner: "Ich halte es wie Horst Seehofer für sinnvoll, dass der Parteivorsitzende in Berlin sitzen soll. Aber immer unter der Voraussetzung, dass wir die Regierung stellen." Seehofer erzählt bislang gerne, dass bei ihm noch keine Bewerbung eingegangen sei. In der Partei verstehen das viele als Indiz, dass er auch als CSU-Chef weitermachen werde - allerdings von München aus. Er habe ja bewiesen, dass er persönlich genügend politisches Gewicht auf die Waage bringe, um nicht mehr nach Berlin wechseln zu müssen, sagt Seehofer.
Von einem Sonderparteitag zu einem früheren Zeitpunkt spricht in der CSU jedenfalls keiner mehr. Vieles deutet darauf hin, dass der Wahlparteitag wie geplant im November stattfindet. Klarheit zum 6. Mai ergäbe für Seehofer auch aus organisatorischer Sicht Sinn. Schon jetzt laufen in den Ortsverbänden die Delegiertenwahlen, im Sommer folgen die Bezirksparteitage, bei denen die Mitglieder benannt werden, die im Herbst den Parteichef wählen sollen.
Söder und Herrmann, die derzeit aussichtsreichsten Kandidaten auf Seehofers Nachfolge als CSU-Chef, halten sich seit Wochen bedeckt. Eines fiel aber auf: Während Herrmann nach der Friedensklausur mit der CDU die Gemeinsamkeiten mit der Schwesterpartei betonte und appelliert, die Union müsse geschlossen mit der Kanzlerin in den Wahlkampf ziehen, war bei Söder vor allem die innere Distanz zu Angela Merkel erkennbar. Sein Bedauern, dass er weder an der Klausur noch an der Wahl des SPD-Mannes Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten teilgenommen hat, soll sich in Grenzen gehalten haben.
Seehofer belässt es bei Andeutungen, er verweist auf Einzelgespräche, die er mit dem Spitzenpersonal seiner Partei noch zu führen habe. Am 6. Mai will er die Maske des Schweigens fallen lassen, doch noch wichtiger für ihn wird der 24. September sein, der Tag der Bundestagswahl. "Der Erfolg hat recht", sagt Seehofer stets. Seine Gegner dürften vor allem daran denken, was der Satz dann im Umkehrschluss bedeutet. Bis dahin geht das Treiben weiter.